Rütteln am Gewaltmonopol

„Gefährlicher Unsinn“: Landshuter wollen auf Facebook eine Bürgerwehr gründen


In immer mehr Städten (wie hier in Düsseldorf) ziehen nach den Übergriffen in Köln nachts Bürgerwehren durch die Straßen. Nun wollen auch einige Landshuter nachziehen. Der Polizei bereitet das Sorgen.

In immer mehr Städten (wie hier in Düsseldorf) ziehen nach den Übergriffen in Köln nachts Bürgerwehren durch die Straßen. Nun wollen auch einige Landshuter nachziehen. Der Polizei bereitet das Sorgen.

Deutschland, 2016. Seit den Berichten über die Silvesternacht in Köln und anderen Großstädten, wächst die Unsicherheit in der Bevölkerung. Und in Landshut will sich eine Bürgerwehr gründen.

"Mia san Landshut und mia bassn auf unsre Stadt und Bürger auf! Anlässlich der Übergriffe in deutschen Städten, wird es Zeit unsere schöne Stadt zu schützen", heißt es markant auf der Facebook-Seite der Gruppe "Bürgerwehr Landshut - Gemeinsam stark sein". Wer hinter der Seite steckt, deren erster Eintrag vom 10. Januar 2016 stammt, lässt sich nicht verfolgen. Die Infoseite, in der normalerweise ein Impressum und ein Kontakt hinterlegt sein sollte, ist bis auf eine kurze Beschreibung leer. Binnen drei Tagen hat die Gruppe über 100 "Gefällt mir"-Angaben bekommen.

Dabei ist Landshut nicht die einzige Stadt, in der sich Bürgerwehren gründen. Auf Facebook finden sich deutschlandweit ähnliche Gruppen. Nach eigenen Angaben will keine dieser Gruppen etwas mit rechter Gesinnung zu tun haben. Doch dem Verfassungsschutz bereiten die Bürgerwehren zunehmend Sorgen - auch weil viele von ihnen durchaus rechtsextreme Tendenzen aufweisen.

Die Bürgerwehr Landshut verwendete als Gruppenbild zunächst ein Motiv des "Deutschen Polizei Hilfswerks”. Dieses ist eine durch ihre Nähe zur Reichsbürgerbewegung als rechtsextremistisch bewertete Gruppe in Sachsen, die sich den Auftrag erteilt hat, als Bürgerwehr für die Einhaltung von Gesetzen zu sorgen. Die Aktivitäten der Gruppe im Raum Meissen wurden von der Polizei Sachsen unter Führung des Operativen Abwehrzentrums Rechtsextremismus 2013 eingedämmt.

Polizei verweist auf eine eindeutige Faktenlage

Was eine Landshuter Bürgerwehr angeht, sei die Faktenlage eindeutig, so die Polizeiinspektion Landshut: "Zur Ausübung des Gewaltmonopols sind ausschließlich staatliche Organe und damit insbesondere die Polizei legitimiert. Eine Bürgerwehr kommt nicht in Betracht", heißt es in einer Pressemitteilung. Man stellt klar: Sicherheit und Ordnung und deren Aufrechterhaltung rund um die Uhr ist Aufgabe der Sicherheitsbehörden, insbesondere der Polizei. Der Sicherheitswacht, die im Stadtbereich Landshut und in der Gemeinde Ergolding aktiv ist, bescheinigt die Polizei eine hervorragende Zusammenarbeit. Sie unterstützt die Polizei bei Aufgaben im öffentlichen Raum. Die Mitglieder der Sicherheitswacht sind speziell ausgebildetes Sicherheitspersonal. Auch der von der Stadt Landshut eingerichtete Sicherheitsdienst in der Innenstadt sei ein zusätzlicher Baustein im Sicherheitskonzept. Auch hier ist geschultes Personal im Einsatz.

Polizeisprecher Patrick Baumgartner betont, dass alle Anliegen und Sorgen der Bürger sehr ernst genommen werden. Schließlich sei die Sicherheit die hoheitliche Aufgabe der Polizei. Hier sei man aber auch dringend auf proaktive Mitteilungen und Anzeigen der Bürger angewiesen. "Die überwiegende Mehrzahl festgestellter Straftaten kann auch deshalb geklärt werden, weil die Polizei entscheidende Hinweise aus der Bevölkerung erhält", sagt Baumgartner.

Den Sicherheitsstandard im Stadtgebiet bezeichnen Polizei und Stadtverwaltung als hoch. "Die Bürger im Stadt- und Landkreisbereich können sich absolut sicher fühlen. Dafür sorgt die Polizei", heißt es in der Mitteilung. Sie werde auch weiterhin alle ihr möglichen Maßnahmen treffen, um einen hohen Sicherheitsstandard zu gewährleisten.

Der Persönliche Referent des Oberbürgermeisters, Thomas Link, pflichtet der Polizei bei. Für ihn ist die Idee einer Bürgerwehr ein gefährlicher Unsinn, der zurecht nur für eine kurze Zeit im 19. Jahrhundert existiert habe. "Ich würde auch als Bürger keine Bürgerwehr haben wollen. Wo sind wir denn?", sagt er. Der Polizei könne man absolut vertrauen, die Sicherheit in der Stadt sei hoch, so der Leiter der Stabsstelle Flüchtlinge. Straftaten, die vertuscht würden, gebe es schlichtweg nicht. "Ich verstehe, dass die Bevölkerung nach Köln verunsichert ist", sagt Link. Jetzt unbegründet das Vertrauen in den Rechtsstaat aufzugeben, sei aber der absolut falsche Weg.

Über 100 Gefällt-mir-Angaben hat die Seite "Bürgerwehr Landshut - Gemeinsam stark sein" mittlerweile gesammelt.

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