von der Leyen und AKK

Niederbayerische Reaktionen auf den "Doppelschlag"


Die Hauptprotagonisten des Politbebens am Dienstag: Annegret Kramp-Karrenbauer (li.) ist neue Verteidigungsministerin, Ursula von der Leyen neue EU-Chefin.

Die Hauptprotagonisten des Politbebens am Dienstag: Annegret Kramp-Karrenbauer (li.) ist neue Verteidigungsministerin, Ursula von der Leyen neue EU-Chefin.

Von Matthias Jell und Redaktion idowa

Das große Politbeben am Dienstag! Ursula von der Leyen (CDU) ist neue EU-Kommisionspräsidentin. Kurz darauf wird bekannt, dass Annegret Kramp-Karrenbauer den verwaisten Posten der Verteidigungsministerin übernimmt. Dem ursprünglich zur Wahl des EU-Kommisionspräsidenten gestandenen Manfred Weber (CSU) bleibt dagegen nur die Rolle des applaudierenden Statisten. Die Reaktionen der niederbayerischen Bundestagsabgeordneten sind vielschichtig - von Euphorie bis hin zu völliger Entrüstung.

Alois Rainer (CSU): "Mit der Wahl von Ursula von der Leyen haben wir erstmals eine Frau als Kommissionspräsidentin an der Spitze Europas. Mit der jetzigen Handlungsfähigkeit Europas, gilt es, Einigkeit und Stärke in der Welt zu vertreten. Annegret Kramp-Karrenbauer gratuliere ich herzlich zum neuen Amt als Bundesverteidigungsministerin. Ich wünsche ihr eine glückliche Hand bei ihren Entscheidungen in diesem wichtigen Ministerium. Für die Bundeswehrsoldaten in der Gäubodenregion und in allen anderen Teilen Deutschlands sowie im Ausland ist eine starke Führung und Lenkung von großer Bedeutung."

"Der Demokratie einen Bärendienst erwiesen"

Rita Hagl-Kehl (SPD): "Durch die Wahl Ursula von der Leyens wurde wieder einmal bewiesen, dass die CSU den Wählerinnen und Wählern Dinge verspricht, die so nicht haltbar sind. Es war offensichtlich, dass Herr Weber nicht durchsetzbar ist und die CSU selbst hat ihn relativ rasch fallen gelassen. Ähnlich wie beim Maut-Debakel wurde den Wählerinnen und Wählern etwas vorgegaukelt und sämtliche Bedenken wurden ignoriert und ausgeblendet. Damit hat man letztlich der Demokratie einen Bärendienst erwiesen. Ich bin stolz, dass unsere sozialdemokratischen Abgeordneten im Europaparlament mit Katarina Barley mit ,Nein' gestimmt haben, denn sie haben das Spitzenkandidatenprinzip verstanden und verteidigt. Die Bürgerinnen und Bürger wollen mehr demokratische Mitbestimmung in Europa, nicht weniger. Die Union entscheidet eigenständig über die Besetzung ihrer Ministerien. Ob Frau Kram-Karrenbauer geeignet ist, das Amt der Verteidigungsministerin in angemessener Weise auszuführen, wird sich zeigen."

Erhard Grundl (Bündnis 90/Die Grünen): "Ursula von der Leyen hat sich mit einer deutlich pro-europäischen und klimapolitischen Rede bei der Abstimmung über die Ziellinie gerettet. Die gemachten Zusagen gilt es jetzt einzufordern. Von der Leyen muss liefern und mehr tun für echten Klimaschutz, ein europäisches Seenotrettungsprogramm und eine gemeinsame europäische Asylpolitik, sowie die Stärkung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa. Die Bundeswehr braucht die ruhige und verlässliche Arbeit einer Verteidigungsministerin, die sich die Zeit nehmen kann, um konsequent für die Belange der Soldatinnen und Soldaten einzutreten. Annegret Kramp-Karrenbauer ist aus meiner Sicht und aus diesem Grund die denkbar schlechteste Besetzung für diesen Posten, denn gerade an Ruhe und Gelassenheit mangelte es ihr in den zurückliegenden Monaten ganz erheblich. Natürlich wünsche ich ihr Glück für die vor ihr liegenden großen Aufgabe, gerade im Beschaffungsbereich."

Corinna Miazga (AfD): "Wie man schon an der Nominierung und schließlich auch an der Wahl von Frau von der Leyen als Kommissionspräsidentin gesehen hat, geht es dieser Tage bei der Besetzung von politischen Spitzenpositionen weniger um Befähigung für ein Amt, als um taktische Manöver. Angela Merkel schiebt Konkurrenten immer in genau die Ministerien, in denen sie zuverlässig scheitern. Annegret Kramp-Karrenbauer weiß von der Bundeswehr nicht viel mehr, als Frau von der Leyen. Die Truppe kommt also vom Regen in die Traufe. Man hätte Annegret Kramp-Karrenbauer besser anstelle von Horst Seehofer im Innenministerium untergebracht. Auf diesem Gebiet hat sie wenigstens schon Erfahrungen im Saarland gesammelt. Der CSU hätte man das Ressort Verteidigung anvertrauen können. So aber kann man nur ein weiteres Mal feststellen: in Deutschland geht es weiterhin bergab unter der Regierung Merkel."

"Mir erscheint das wie ein Himmelfahrtskommando"

Nicole Bauer (FDP): "Ein Spitzenkandidat als Kommissionschef wäre mir lieber gewesen, aber Ursula von der Leyen ist eine Europäerin durch und durch und damit keine schlechte Wahl. Sie will die EU stärken und einen, nicht aber schwächen und spalten. Dass sie als erste Frau diese Position bekleidet, freut mich als frauenpolitische Sprecherin meiner Fraktion. Ob hingegen Annegret Kramp-Karrenbauer mit ihren bisherigen Führungserfahrungen auch einem Verteidigungsministerium gewachsen ist, bezweifle ich. Die Bundeswehr braucht jetzt einen Minister, beziehungsweise eine Ministerin mit Expertise, der oder die sie fit macht für künftige Herausforderungen. Das beginnt schon bei der angemessenen Ausrüstung für die Soldatinnen und Soldaten. Mir erscheint das wie ein Himmelfahrtskommando - mit mehr Verlierern als nur AKK."

"Undemokratisch und nährt Politikverdrossenheit"

Andreas Wagner (Die Linke): "Die Wahl von Frau von der Leyen zur Kommissionspräsidentin ignoriert den Wählerwillen. Sie kandidierte nicht für das Europäische Parlament und es stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien sie für dieses Amt ausgewählt wurde. Das intransparente Vorgehen halte ich für undemokratisch und es nährt Politikverdrossenheit. Frau von der Leyen steht für die Fortsetzung der bisherigen Politik, die in Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise Millionen Menschen in Europa in die Armut gestürzt hat. Annegret Kramp-Karrenbauer halte ich an der Spitze des Verteidigungsministeriums für eine Fehlbesetzung. Wer sich den Einsatz von deutschen Bodentruppen in Syrien vorstellen kann und die Anschaffung eines europäischen Flugzeugträgers sowie eine Erhöhung des Wehretats befürwortet, agiert an den Interessen der Bevölkerung vorbei. Statt Aufrüstung brauchen wir mehr finanzielle Mittel für den gemeinnützigen Wohnungsbau und den Ausbau der Bahn."