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An was glaubst du?


© Vibe Images - Fotolia.com

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Von Sebastian Geiger und David Voltz

Woran glaubst du? Glaubst du überhaupt noch an etwas? Oder bist du dazu zu abgeklärt? Wenn das Gespräch auf das Thema "Glauben und Jugendliche" kommt, sind schnell die Pessimisten da, die auf sinkende Besucherzahlen in den Gottesdiensten verweisen und darauf, dass es nichts Uncooleres gibt als Gott und die Kirche. Tatsächlich interessiert das Thema Glauben aber weit mehr, als man es vermutet. Das sagt zumindest Frater Felix Biebl vom Kloster Windberg. Freistunde hat sich auf die Suche gemacht und vier junge Menschen gefunden, die uns von ihrem Glauben erzählen.

Wenn die evangelische Gemeinde in Landau an der Isar ihren Kinderbibeltag veranstaltet, ist Rebecca Sperl immer mit dabei. Seit vier Jahren begleitet die 16-Jährige die Kinder, die an diesem Tag vieles über die Bibel und den christlichen Glauben lernen. Ihre Familie engagiert sich schon länger in der Gemeinde - Rebecca kam aber eher durch Zufall dazu. Bei der Konfirmation hatte die Pfarrerin gefragt, wer Lust hätte, beim Kinderbibeltag mitzuhelfen und Rebecca entschloss sich spontan dazu, mitzumachen. "Lust hatte ich auf jeden Fall. Ich bin schon als Kind gerne dorthin gegangen und es macht sehr viel Spaß, den Kindern etwas beizubringen", sagt Rebecca.

Seitdem engagiert sich die Schülerin nicht nur beim Kinderbibeltag, sondern auch bei anderen Veranstaltungen und Projekten der Gemeinde. "Glauben ist wichtig", sagt sie. Dabei muss es aber nicht streng nach der Bibel gehen. In der stehen ihrer Meinung nach viele Sachen, die gut sind - aber auch einige, die schlecht sind. Auch zum Gottesdienst geht sie gerne und oft, aber nicht regelmäßig. Wichtig ist für sie vor allem das Netz, das die Gemeinde in Form von Bekannten und Freunden um ihre Mitglieder spannt.

Rückhalt bei anderen

"Ich finde, dass man gerade als Kind oder als Jugendlicher einen Halt braucht und weiß, wohin man im Notfall gehen kann", sagt Rebecca. Man sollte wissen, welche Religionen es gibt und welche Optionen sie anbieten. Ihre eigene Gruppe hat sie gefunden. Sie ist gerne Mitglied in ihrer Gemeinde und freut sich schon auf die nächsten Aktionen und Projekte.

Im Bistum Regensburg ist das Thema Jugend und Religion gerade sehr aktuell. Erst vor Kurzem gab das Bistum Orientierungspunkte für die Jugendpastorale aus, an denen auch die jungen Gemeindemitglieder in den vergangenen zwei Jahren selbst mitgearbeitet haben. Eines von ihnen ist Sebastian Kaiser.

Aktiv in der Gemeinde

Zusammen mit seiner Schwester Teresa gehört der 13-Jährige zu den Oberministranten der Gemeinde Sankt Jakob in Straubing. Dort ist Sebastian sehr engagiert und wie Rebecca aus Landau ist er damit nicht der Einzige in seiner Familie. Fasching, Kart-Fahren, Weihnachtsfeier, Pfarrfeste - die Ministranten sind in alle Aktionen der Gemeinde eingebunden und tragen ihren Teil dazu bei. "Meine Familie war immer schon sehr gläubig", sagt Sebastian und verweist auf seine Schwester, die vor ihm Ministrant wurde. Er hat dann nachgezogen. Auch wenn er sich durch seine Familie sehr mit dem Glauben beschäftigt, in die Kirche geht Sebastian vor allem, wenn er ministriert. "Glauben bedeutet für mich, die Existenz von Gott anzuerkennen und auch danach zu leben", sagt seine Schwester Teresa in den Statements, die das Bistum für die Vorstellung der Orientierungspunkte gesammelt hat. Ein Satz, den auch Sebastian unterschreiben kann. Sich mit dem Thema zu beschäftigen, hält er für wichtig. "Eine Glaubensgemeinschaft ist ein Platz, an den man sich auch wenden kann, wenn man verzweifelt ist und an dem man aufgehoben ist", sagt er. Auf seinen Alltag in der Schule wirkt sich seine Arbeit als Ministrant nicht negativ aus. "Einige meiner Klassenkameraden gehen in den Fußballverein, ich gehe zum Ministrieren", erzählt er.

Yavuz Ünal ist 20 Jahre alt und hat Anfang des Jahres seine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik beendet. Seit seiner Geburt ist der Straubinger gläubiger Muslim. "Zu meinem Glauben bin ich durch meine Eltern gekommen", sagt er. Mit sechs Jahren hatte er dann seinen ersten Unterricht in der allgemeinen muslimischen Gemeinde in Straubing. "Unsere Religionslehrer haben uns zum Beispiel gezeigt, wie man den Koran liest", so Yavuz. Die Grundlagen des Islam hat er dort ebenfalls gelernt.

Pilgerreise nach Mekka

Dazu gehört auch das Pilgern nach Mekka. "Einmal im Leben sollte ein Moslem nach Mekka gehen", erklärt Yavuz. "Aber nur, wenn er es sich finanziell leisten kann." Der 20-Jährige will dorthin - zwar noch nicht in nächster Zeit, aber in einigen Jahren. "Das wird das schönste Erlebnis in meinem ganzen Leben", ist er sich sicher. Von Freunden seiner Familie weiß er, dass es ein mächtiges Gefühl ist, wenn Millionen von Moslems dort aufeinander treffen. Zum muslimischen Glauben gehört aber noch viel mehr als das. Gezweifelt hat Yavuz an seinem Glauben bisher noch nicht. Vielmehr ist er stolz auf seine Religion. Und das, obwohl es hin und wieder zu Scherzen oder Witzen kommt, bei denen er sich fragt: Hätte das sein müssen? Aber er hat seiner Religion einiges zu verdanken: "Die Lebensweise, die ich momentan führe, ist in meinem Glauben begründet", sagt er. "Das Teilen und den Respekt vor Eltern und Geschwistern - all das habe ich durch den Islam gelernt."

Das Leben ist Leid, die Ursache von Leid ist Unwissenheit, es gibt einen Ausweg aus dem Leid und dieser liegt im Beachten von Buddhas Regeln. Dies ist die Überzeugung von Marina Schneider. Sie ist 22 Jahre alt, kommt aus Hunderdorf und ist gläubige Buddhistin. Buddhisten verehren keinen bestimmten Gott. Die Gläubigen suchen die Erleuchtung in sich selbst. Die Reaktionen von anderen auf ihre Religion sind durchwachsen. "Manche schütteln den Kopf, andere finden es interessant",
erklärt Marina.

Eine Lebenseinstellung

Dabei ist der Buddhismus viel mehr als eine Religion. "Es heißt ja, der Buddhismus ist keine Religion in dem Sinne, sondern eine Lebenseinstellung", sagt Marina. Zu ihrem Glauben kam die 22-Jährige in der Arbeit. Mit 19 Jahren hat sie in einer Bäckerei gearbeitet, bei der ein kleines Café mit dabei war. "Wir hatten zwei Gäste, die sich über das Buch ,Pfad des friedvollen Kriegers' von Dan Millman unterhalten haben. Das hatte ich auch gelesen", erzählt sie. So sind sie und die beiden Gäste ins Gespräch gekommen. "Das Buch hat mit der Lebensphilosophie des Buddhismus zu tun", sagt sie. Einer der beiden war Buddhist. Er weckte Marinas Interesse an der Religion.

Glaube an Wiedergeburt

"Zuvor war ich römisch-katholisch. Aber die Vorstellung, auf der Welt zu leben, um dann in den Himmel oder die Hölle zu kommen, hat für mich keinen Sinn ergeben. Das ist im Buddhismus anders", erzählt Marina. Mit dem Karma-Gesetz und den Glauben an den Kreislauf der Wiedergeburten erscheine ihr alles viel sinnvoller. "Das Karma- Gesetz kann man sich wie zwei Wasserkrüge vorstellen", erklärt sie. "Wenn du Gutes tust, fließt das in den guten Topf. Handelst du schlecht, dann füllt sich der schlechte Topf." Und das kann dann schlechte Folgen haben. Im Alltag ist Marinas Einstellung ihr eine große Hilfe. "Ich bin viel gelassener", sagt sie. Durch ihren Glauben lernt sie, viel achtsamer zu leben. Das heißt: Sie konzentriert sich nicht auf mehrere Dinge gleichzeitig, sondern nur auf eine Sache. "Anstatt zu frühstücken, Zeitung zu lesen und hin und wieder aufs Handy zu schauen, konzentriere ich mich nur aufs Frühstück", erklärt die 22-Jährige.

Ein Leben ohne Glauben kann sich Marina nicht vorstellen. Ihr geht es dabei wie Rebecca, Yavuz und Sebastian. Mit einem einfachen Satz fasst die Buddhistin nicht nur ihre Meinung zusammen: "Man braucht etwas, an dem man sich festhalten kann."

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Rebecca Sperl, 16 Jahre, aus Landau ist Protestantin. (Foto: Sebastian Geiger)

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Sebastian Kaiser, 13 Jahre, aus Straubing ist Katholik. (Foto: Sebastian Geiger)

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Yavuz Ünal, 20 Jahre, aus Straubing ist Muslim. (Foto: David Voltz)

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Marina Schneider, 22 Jahre, aus Hunderdorf ist Buddhistin