Landkreis Regensburg

Wenn das Geld fürs Essen nicht mehr reicht


Schwester Brigitte hat in der Armenküche alles unter Kontrolle und führt ein strenges Regiment.

Schwester Brigitte hat in der Armenküche alles unter Kontrolle und führt ein strenges Regiment.

An einem Tisch im Ursulinenkloster löffeln vier Männer Gemüsesuppe. Sie kommen seit vielen Jahren in die Straubinger Armenküche. Schwester Brigitte leitet die Küche bereits seit 19 Jahren. Jeder bekommt bei ihr etwas zu essen. Fast jeder.

Es ist warm in der Armenküche. Der schwere Geruch von dampfendem Essen schwebt durch den kleinen Raum. Leise brummt der Kühlschrank. Die Uhr tickt. Tick, tack, tick, tack. Noch eine halbe Stunde bis die ersten an das kleine Fenster an der Tür klopfen werden und sich an den Tisch in der Armenküche setzen.

"Heute gibt es Nudeln mit Hackfleischsoße und eine Gemüsesuppe", erzählt Ingela und rührt das Hackfleisch im Topf um. Ingela verrät ihren Familiennamen nicht. Denn die gibt es in der Armenküche sowieso nicht. "Wir reden uns alle mit dem Vornamen an", sagt die 54-Jährige, die viermal in der Woche für die Bedürftigen kocht. "Genau, Herr und Frau gibt es bei uns nicht", fügt Schwester Brigitte hinzu, die gerade durch die Tür kommt. "Und keine Armen. Nur Brüder und Schwestern." Da klopft es zum ersten Mal am Fenster.

Wenige Minuten später ist der kleine Tisch fast voll besetzt. "Ich hab' immer viel Hunger", sagt Stefan mit den langen Haaren und schiebt sich hastig einen Löffel Nudeln in den Mund. Stefan ist aus Aiterhofen. Mit dem Rad ist er da. "20 Minuten brauch' ich, nicht länger", erzählt er schnell. "Außerdem schmeckt es immer so gut." Aber viel Zeit zum Reden hat Stefan nicht. Er will lieber essen.

Am anderen Ende des Tisches pfeffert Rudi mit dem schwarzen Kapuzenpulli seine Gemüsesuppe. Er hat sich extra weiter weg von Stefan gesessen - "der kleckert immer so viel", sagt Rudi grinsend. So gut wie hier könnte er Zuhause nie kochen, meint er und löffelt ruhig seine Suppe. Seit vier Monaten kommt Rudi in die Armenküche. Warum weiß niemand. Hier wird man nicht gefragt, wieso man kommt. Jeder darf essen. Einfach so. "Hauptsache er führt sich anständig auf", erklärt Schwester Brigitte und hebt mahnend den Finger. Der große, schlanke Gerhard isst heute nichts. Er trinkt nur Kaffee. Gerhard steht lieber, setzt sich nicht zu den anderen an den Tisch. Sein Essen nimmt er in Tupperboxen mit nach Hause. "Da schmeckts auch noch."

Wer in der Armenküche nichts zu essen bekommt

Es gibt aber auch Menschen, die bei Schwester Brigitte nichts zu essen bekommen. "Einmal ist jemand betrunken gekommen", erinnert sich die Nonne und schüttelt den Kopf. "Der darf nimma rein", sagt sie und haut kurz mit ihrem Gehstock auf den Boden. So viel habe sie in den Jahren schon erlebt. Menschen, die immer mehr fordern. Menschen, die undankbar sind. Menschen, die lügen und Menschen, die gewalttätig wurden. Und das geht nicht. Da wird die Schwester ganz deutlich.

Die Armenküche finanziert sich über Geldspenden und Lebensmittelspenden. Schwester Brigitte hat zwei Helfer, die sie viermal in der Woche unterstützen. Montag, Mittwoch, Freitag und Samstag hat die Küche geöffnet. Für die restlichen Tage bekommt jeder Lebensmittel und eine Mahlzeit für den nächsten Tag von den Helfern. An Weihnachten kriegt jeder noch ein Paket mit süßen Sachen. Ich bin froh, dass ich meine Helfer habe", erzählt Schwester Brigitte. "Wir sind ein Team." Seit wann es die Armenküche gibt, "oh mei, das weiß ich nicht mehr", sagt die 84-Jährige. Nur eines weiß sie: Sie will noch ganz, ganz lange die Armenküche betreiben.

Die Teller am kleinen Tisch sind mittlerweile leer gegessen. "Magst du noch was?", fragt Schwester Brigitte Stefan, der sich Soße vom Mund wischt. "Nein, danke. Ich bin satt." Danke. Ja, das müsse man bei ihr auch immer sagen, erklärt die Schwester. Und das ist doch das Mindeste für eine warme Mahlzeit. Oder?

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Nudeln mit Hackfleischsoße und ein bisschen Blaukraut gab es am Mittwoch in der Armenküche.

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Helfer kommen jeden Tag ab 11 Uhr, um das Essen zu kochen.