Seltene Stücke zu sehen

Ausstellung im Museumszelt zu 100 Jahre Wiesngeschichte


Von Julia Sextl

Im Museumszelt sind derzeit mehr als 100 Jahre Wiesngeschichte ausgestellt. Hier erzählen die Besitzer der Stücke ihre Geschichte.

Die Süßigkeiten werden aus dem Wiener Eispalast von 1937 verkauft, geschossen wird in einer Bude anno 1905 und draußen reiht sich Bully an Bully. "Willkommen im Tempel der Schaustellerei", sagt der Vorsitzende der Münchner Schausteller-Stiftung, Hermann Memmel.

Von der Stiftung stammen die Exponate, die über hundert Jahre Oktoberfestgeschichte lebendig werden lassen. Bei der Segnung des Zeltes am Dienstag durch Pater Paul wurden auch jene Schausteller geehrt, die spontan ihre liebsten Stücke zur Verfügung gestellt haben oder wie Zeltebauer Toni Pletschacher das Museumszelt mit aufgebaut haben. "Da haben wir mit einer unglaublichen Kraft alle zusammen angepackt", sagt Yvonne Heckl vom Schaustellerverband.

In und vor dem Museumszelt findet die Oide Kinderwiesn von Lilalu statt mit Sacklaufen, Kegelschießen und Blindekuh. Wie früher. Schulklassen bekommen Führungen. Der Eintritt für die Ausstellung ist für alle Besucher der Oidn Wiesn frei. Das Karussellfahren kostet auch hier eine Mark, ehm, nein, einen Euro.

Das sind die Geschichten hinter den historischen Stücken


Heinrich Haas entdeckte die Orgel und ließ sie restaurieren. Foto: Jasmin Menrad

Das Taufgeschenk: 97 Holzpfeifen spielen in dieser Noten-Konzertorgel Posaune, Trompete, Violine und Spitzflöte - und das mit ordentlich Kawumm. Entdeckt hat die Orgel Heinrich Haas von der Weißbier-Alm 2012 und sie aufwendig restaurieren lassen. Der Wagen war nicht mehr erhalten, darum ließ er ihn nachbauen. Zur Taufe schenkte er das gute Stück seiner Enkelin (5), seinem Enkel gehört ein Lanz Bully von 1940, der auch ausgestellt ist.


Hermann Memmel vor alten Wiesn-Plakaten. Foto: Jasmin Menrad

"Kein Fest der Beliebigkeit": Hermann Memmel, Vorsitzender der Schausteller-Stiftung, hat bemerkt, was keiner bemerkt hat. Noch bis 1977 stand auf den offiziellen Wiesnplakaten "Oktoberfest in München". Memmel, der als Wiesnstadtrat in der Jury war, setzte durch, dass künftig das "in" weggelassen wird. "Mir san kein Fest der Beliebigkeit. Mir san das Oktoberfest", sagt Memmel. Ab 1978 stand da simpel "Oktoberfest München".


Donald Ganslmeier vom Motodrom. Foto: Jasmin Menrad

Gebaut für die Steilwand: Die Indian Scout 101 hat noch keinen Meter Straße gesehen. Sie ist für die Steilwand gebaut. Donald Ganslmeier vom Motodrom gehört das Motorrad von 1928. "Klar fährt die noch", sagt er. "Und wie die fährt." Die Indian gehörte der legendären Fahrerin Kitty Mathieu, genau wie die Steilwand, vor der sie steht. 1936 wurde sie mit Holz aus Kanada in Berlin gebaut. Bis 1986 stand sie auf der Wiesn und jetzt auf der Oidn.


Der Wohnwagen ist 101 Jahre alt. Foto: Bernd Wackerbauer

Vor den Bienen gerettet: Das große Loch in der Frontseite hat ein Imker in den alten Schaustellerwagen geschnitten. Als Bienenhaus hat Heinrich Haas den Wohnwagen hinter Starnberg in einem Sumpfgelände gefunden. 101 Jahr ist er alt und wurde von jener Familie gebaut, die den Europapark in Rust betreibt. Drin sind sogar die Matratzen noch original und der Eisschrank, der mit Stangeneis zur Kühlung befüllt wurde.


Hier fährt die Chieminger Blasmusik auf dem Karussell. Foto: Jasmin Menrad

Karussell für Erwachsene: Ein bisserl wurde das Karussell "dem Zeitgeist angepasst", wie Edmund Radlinger vom Münchner Weißbiergarten es ausdrückt. Dunkler war's früher. "Für Kinder gab's damals keine Karussells. Das war für Erwachsene", und meint mit damals das Baujahr 1945. Radlingers Lebensgefährtin Margit Lechner hat es bis 1999 auf der Wiesn betrieben. Dann lohnte sich das wirtschaftlich nicht mehr.

Alle Infos über die Wiesn finden Sie auch auf der Abendzeitung-Themenseite zum Oktoberfest 2017.