Mit Betrugsmasche Geld gescheffelt

Gericht verurteilt "Die Vertriebskanone" aus Landshut zu Bewährungsstrafe


Ein gut situierter Berliner, der noch mehr Geld wollte, zwei Absichtserklärungen auf englisch, eine Firma mit Sitz auf den Marshall Islands, ein Solarpark in Italien, eine Mutter in Wien und mittendrin ein Landshuter, der sich am Mittwoch wegen schweren Betrugs in zwei Fällen vor Gericht verantworten musste. (Symbolbild)

Ein gut situierter Berliner, der noch mehr Geld wollte, zwei Absichtserklärungen auf englisch, eine Firma mit Sitz auf den Marshall Islands, ein Solarpark in Italien, eine Mutter in Wien und mittendrin ein Landshuter, der sich am Mittwoch wegen schweren Betrugs in zwei Fällen vor Gericht verantworten musste. (Symbolbild)

Von kö

"Das ist doch alles ein Witz", fasste Amtsrichter Alfred Zimmerer nach zwei Stunden Beweisaufnahme zusammen: Ein gut situierter Berliner, der noch mehr Geld wollte, zwei Absichtserklärungen auf englisch, eine Firma mit Sitz auf den Marshall Islands, ein Solarpark in Italien, eine Mutter in Wien und mittendrin ein Landshuter, der sich am Mittwoch wegen schweren Betrugs in zwei Fällen vor Gericht verantworten musste.

Nach hartnäckigem Schweigen ließ Josef G. über seinen Verteidiger Dr. Thomas Kuhn einräumen, sich im Sommer 2014 zur vermeintlichen Finanzierung eines Bankdarlehens Geld geliehen zu haben. Wo das Geld tatsächlich gelandet ist, konnte auch bei der Verhandlung nicht geklärt werden - die Spur verliert sich im Pazifischen Ozean. Das Schöffengericht verurteilte den vermeintlichen Finanzexperten, dem das Handelsblatt im Herbst 2015 unter dem Titel "Die Vertriebskanone" unlautere Geschäftsmethoden vorwarf, schlussendlich zu einer Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren.

Immer wieder die gleiche Masche

Auf die Frage nach seinem Beruf gab Josef G. vor Gericht "Vertrieb, Verkauf und Marketing" an. Nach dem Hinweis von Richter Zimmerer, man könne alles vertreiben, "von der Waschmaschine bis zur Schokolade", schob der 52-jährige Landshuter "im Bereich Versicherungen und Finanzen" hinterher. Der von Staatsanwalt Johannes Plutz vertretenen Anklage zufolge trat G. im Juni 2014 an einen Finanzdienstleister heran mit der Bitte um ein Darlehen von 260.000 Euro zur Finanzierung eines Hauptdarlehens von 8 Millionen Euro. Dabei stellte er dem Finanzdienstleister eine Erfolgsprämie in Aussicht. Der Darlehensvertrag wurde am 14. Juni unterzeichnet. Drei Tage später sollte die Rückzahlung erfolgen. Tatsächlich aber zahlte G. die 260.000 Euro auf das Luxemburger Konto einer Firma mit Sitz auf den Marshall Islands ein.

Dieselbe Masche wandte G. laut Anklage erneut im August an. Hier lieh ein Berliner Geschäftsmann G. 57.000 Euro in dem Glauben, das Darlehen diene der Finanzierung eines Bankdarlehens in der Höhe von 50 Millionen Euro. Auch hier sollte das Darlehen nach drei Tagen zurückbezahlt werden - doch dies passierte nicht. Im Dezember bot G. dem Geschädigten eine Rückzahlung in Raten an, blieb aber nach einer Rückzahlung von 19.000 Euro die restlichen Raten schuldig. Auch in diesem Fall sei die Bankauszahlung "angeblich" erfolgt, so Staatsanwalt Plutz. "Auf den uns bekannten Konten von Herrn G. ist die Summe aber nicht aufgetaucht."

Anzeige der Sparkasse brachte Ermittlungen ins Rollen



Wie die zuständige Beamtin des Landeskriminalamts vor Gericht sagte, kamen die Ermittlungen gegen Josef G. im ersten Fall durch eine Anzeige der Sparkasse ins Rollen. Bei einer Hausdurchsuchung habe man allerdings "rein gar nichts" vorgefunden. "Das war schon mehr als seltsam", sagte die Beamtin. Einziges interessantes Dokument sei eine Absichtserklärung auf englisch gewesen, so die Zeugin. Aber da sei es um 50 Millionen Euro gegangen (wie die Beweisaufnahme ergab, konnte dieser "Letter of Intent" dem zweiten Anklagepunkt zugeordnet werden). Dem Finanzdienstleister habe G. vorgegeben, in einen Solarpark in Italien investieren zu wollen. Ob die 8 Millionen Euro geflossen sind, konnte die Zeugin nicht sagen; Hinweise habe man keine gefunden - was aber bei Steuerparadiesen wie den Marshall oder den Cayman Islands nicht ungewöhnlich sei: "Da verlaufen die Ermittlungen im Sande."

Vermeintliche Millionen für eine Biogasanlage

Auch dem Berliner Geschäftsmann hatte Josef G. vorgegaukelt, im Umweltsektor investieren zu wollen. Er könne sich daran erinnern, dass es um eine Biogasanlage gegangen sei, sagte der Zeuge - und sorgte dann für große Verwunderung: Er sehe Herrn G. heute zum ersten Mal. Der Kontakt sei durch diverse Mittelsmänner entstanden, er habe einen Bekannten gehabt, der wiederum einen Bekannten... "Es hat geheißen, wenn ich mitmache, habe ich später eine höhere Chance selber an Kreditmittel zu kommen." Die Geldübergabe hätte zunächst in Wien stattfinden sollen. Dann überwies der Berliner das Geld aber an die Mutter seines Bekannten.

Richter Zimmerer konnte sich nur noch wundern: Wieso an den Bekannten und nicht direkt an Herrn G? Und wieso an dessen Mutter? Er habe nie etwas Handfestes gesehen und leihe dann trotzdem so viel Geld her? "Heute kann ich ja auch nur noch den Kopf schütteln", sagte der Zeuge und legte dann ein Schreiben von Josef G. vor - das einzige Dokument, das er erhalten hatte. Darin versicherte G., für das Projekt schon 1.013.000 Euro erbracht zu haben.

Opfern eine "gewisse Fahrlässigkeit" vorgeworfen



Es gebe zwei Möglichkeiten, sagte Richter Zimmerer schließlich zu Josef G. Entweder er belege, dass der Inhalt des Schreibens stimme. Oder er räume die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft ein. Ansonsten sei es mit um eine Bewährungsstrafe schlecht bestellt. Verteidiger Kuhn legte im Namen seines Mandanten schließlich ein Geständnis ab - und warf den Geschädigten anschließend eine "gewisse Fahrlässigkeit" vor: Josef G. sei es schon leicht gemacht worden. Kuhn beantragte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten. Diese sei selbstverständlich zur Bewährung auszusetzen, da sein Mandant noch nicht vorbestraft sei. Staatsanwalt Plutz hatte eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten gefordert.

Das Schöffengericht blieb mit einer Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren in der Mitte. Zudem wurde Josef G. auferlegt, den Geschädigten die ausstehenden Gelder binnen drei Wochen zurückzubezahlen - was dem Angeklagten zufolge kein Problem ist. Die Sache sei mit dem Urteil nicht aufgeklärt, sagte Richter Zimmerer in der Urteilsbegründung. Das Gericht habe mit dem arbeiten müssen, was es gehabt habe, und dass seien lediglich das Geständnis und die Schuldwiedergutmachung gewesen. Aber, so Zimmerer: "Da sind noch ganz andere Dinge gelaufen."