Panorama

Seltenes Handwerk verschafft Allgäuer königliche Aufträge


Dirk Meyer erhitzt in seiner Werkstatt in Maierhöfen (Bayern) den Beschlag eines Tisches des niederländischen Königshauses aus der Zeit um 1810 welches mit einem Amalgam aus Quecksilber und Gold bestrichen wurde. Durch die hohe Temperatur verdampft das Quecksilber und das Gold verfestigt sich. Der Goldschmied beherrscht das uralte Handwerk des Feuervergoldens.

Dirk Meyer erhitzt in seiner Werkstatt in Maierhöfen (Bayern) den Beschlag eines Tisches des niederländischen Königshauses aus der Zeit um 1810 welches mit einem Amalgam aus Quecksilber und Gold bestrichen wurde. Durch die hohe Temperatur verdampft das Quecksilber und das Gold verfestigt sich. Der Goldschmied beherrscht das uralte Handwerk des Feuervergoldens.

Von Katharina Binder

Goldschmiede wie Dirk Meyer aus Maierhöfen im Allgäu gibt es viele. Dass ausgerechnet er eine Krönungskutsche der niederländischen Königsfamilie restaurieren durfte, hat einen guten Grund: Der 54-Jährige beherrscht die alte und fast vergessene Kunst des Feuervergoldens. "Ich hätte mir nie träumen lassen, welche Möglichkeiten mir dieses Handwerk einmal eröffnet", sagt Meyer, der inzwischen auch aus anderen europäischen Königshäusern Aufträge erhält. Auch für den Sultan von Oman hat er bereits Königswappen und für Scheichs in Dubai Jagdwaffen vergoldet. "Es gibt weltweit einen unglaublichen Markt."

Meyer lebt in einem alten Bauernhaus im Landkreis Lindau, in dem er sich ein Atelier und eine Werkstatt eingerichtet hat. Geboren und aufgewachsen ist er aber in Magdeburg, wo er auch seine Ausbildung absolviert und seinen Meister gemacht hat. "Ich kannte einen Goldschmied, bei dem ich in den Ferien häufig gejobbt habe. Das Handwerk hat mich fasziniert, deshalb wollte ich diesen Beruf unbedingt erlernen."

Von dem alten Goldschmied hat Meyer das Feuervergolden gelernt. Es gilt seinen Angaben zufolge als die haltbarste Vergoldung von Metallen wie Kupfer, Bronze und Silber. Bei dieser Technik wird ein Gemisch aus Gold und Quecksilber mit einem Pinsel auf das Metall aufgetragen und anschließend erhitzt, damit das Quecksilber verdampft und sich das Gold mit dem Metall verbindet. Mehrmals wird dieser Vorgang wiederholt, danach wird das matte Gold mit Edelsteinen poliert, bis es glänzt.

"Diese Technik ist mindestens 2000 Jahre alt", sagt Meyer. Weil sie sehr aufwändig ist und die entstehenden Quecksilberdämpfe giftig sind, sei das Verfahren im Laufe des vergangenen Jahrhunderts von der galvanischen Vergoldung verdrängt worden. "Wirtschaftlich war das Feuervergolden irgendwann nicht mehr interessant." Ein Experte erkenne den Unterschied aber sofort.

Lange Zeit schlummerte Meyers Wissen über diese alte Veredelungstechnik im Verborgenen. Erst vor rund 15 Jahren kam er durch den Kontakt zum Bistum von Mainz darauf, dass es einen großen Bedarf gibt, antike feuervergoldete Schätze zu restaurieren. "Es war mir nicht bewusst, dass dieses Verfahren kaum noch jemand beherrscht. Ich dachte, das können andere auch." Danach habe er sich intensiv mit dem Thema beschäftigt und eine Technik entwickelt, mit der das giftige Quecksilber gebunden werden kann. Mit der umweltverträglichen Anlage, die dabei entstand, arbeitet Meyer heute noch.

Zunächst konzentrierte er sich auf das Restaurieren französischer Kaminuhren aus der Renaissance. Als eine Fachzeitschrift vor ein paar Jahren einen Bericht über den Allgäuer Goldschmied und die Feuervergoldung veröffentlichte, brachte das den Durchbruch: "Dieser Beitrag hat mich bekannt gemacht, ich bekam plötzlich Anfragen aus Amerika, Kanada, Japan und Australien."

Die Veröffentlichung bescherte Meyer eines Tages auch Besuch aus den Niederlanden. Ein Mann brachte ihm Einzelteile einer antiken Uhr, die er nach dem alten Verfahren vergoldet haben wollte. Wie sich später herausstellte, handelte es sich bei dem Kunden um den Uhrmacher des niederländischen Königshauses, der jahrelang nach einem Experten auf dem Gebiet der Feuervergoldung gesucht hatte. "Das habe ich erst viel später erfahren, als ich nach Den Haag eingeladen wurde. Dass das Königshaus der Adressat war, hat mich natürlich sprachlos gemacht."

In Den Haag bekam Meyer seinen bislang spannendsten Auftrag: Er sollte die Krönungskutsche restaurieren, die um 1815 für den ersten niederländischen König Wilhelm I. gebaut wurde. In mehreren Etappen wurden etwa 300 Metallteile der Kutsche von einem Boten des Königshauses ins Allgäu gebracht und nach dem Vergolden wieder abgeholt. Zwei Jahre lang hat Meyer an dem Projekt gearbeitet. Als die fertige Kutsche vor einem Jahr übergeben wurde, lernte er sogar die frühere Königin Beatrix kennen, die den Auftrag erteilt hatte.

Inzwischen hat Meyer noch andere königliche Schätze restauriert - sowohl für die Niederländer als auch für andere europäische Königshäuser. "Die Schlösser stehen voll mit diesen Antiquitäten, die jetzt 200 Jahre und älter sind und restauriert werden müssen."

Damit das Handwerk des Feuervergoldens nicht vergessen wird, will Meyer ein Buch darüber schreiben. Zudem hat er Kontakt zu drei Universitäten, die sich mit Restaurierungen beschäftigen. "Ich will mein Wissen weitergeben, um diese Technik zu retten."

Dieses Anliegen sei "aller Ehren wert", sagt Rainer Fein, Vizepräsident des Zentralverbands der Deutschen Goldschmiede, Silberschmiede und Juweliere. Es sei wichtig, das uralte Verfahren des Feuervergoldens für die Nachwelt zu dokumentieren. "Es ist ein durchaus seltenes Handwerk. Es gibt kaum noch Menschen, die es können." In den herkömmlichen Goldschmiede-Betrieben sei das Feuervergolden schon lange kein Thema mehr. "Wenn man diese alten Techniken aber nicht weitergibt, werden sie aussterben."

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Dirk Meyer erhitzt in seiner Werkstatt in Maierhöfen (Bayern) den Beschlag eines Tisches des niederländischen Königshauses aus der Zeit um 1810 welches mit einem Amalgam aus Quecksilber und Gold bestrichen wurde. Durch die hohe Temperatur verdampft das Quecksilber und das Gold verfestigt sich. Der Goldschmied beherrscht das uralte Handwerk des Feuervergoldens.

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Dirk Meyer erhitzt in seiner Werkstatt in Maierhöfen (Bayern) den Beschlag eines Tisches des niederländischen Königshauses aus der Zeit um 1810 welches mit einem Amalgam aus Quecksilber und Gold bestrichen wurde. Durch die hohe Temperatur verdampft das Quecksilber und das Gold verfestigt sich. Der Goldschmied beherrscht das uralte Handwerk des Feuervergoldens.