Landshut

Krimineller Körperkult: Helfer von Untergrundlabor vor Gericht


Die Angeklagten halfen mit, einen schwunghaften Handel mit Anabolika und anderen Substanzen aufzubauen. Nun stehen sie in Landshut vor Gericht.

Die Angeklagten halfen mit, einen schwunghaften Handel mit Anabolika und anderen Substanzen aufzubauen. Nun stehen sie in Landshut vor Gericht.

Von kö

Schneller, höher, weiter. Das gilt mittlerweile auch für viele Hobbysportler. Und so ist die Verwendung von Dopingmitteln nicht mehr nur im Spitzensport ein Problem, wie derzeit ein Verfahren vor dem Landgericht zeigt:

Nachdem die sechste Strafkammer im Juli die Betreiber eines Untergrundlabors zu hohen Haftstrafen verurteilt hat, müssen sich nun vier ihrer Gehilfen vor Gericht verantworten. Wie die Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft München I bereits in dem Verfahren gegen die Haupttäter erklärt hatte, könnte sie sich für die vier Helfer bei vollen Geständnissen Bewährungsstrafen vorstellen.

Die Betreiber des Untergrundlabors hatten zwischen Dezember 2012 und April 2015 von Berlin aus einen schwunghaften Handel mit selbstgebrauten illegalen Doping-Substanzen betrieben, die in Bodybuilder-Kreisen zum Zweck des Muskelaufbaus konsumiert werden. Die Rohstoffe hatte der Kopf des Unternehmens, ein 27-jähriger BND-Mitarbeiter und ambitionierter Bodybuilder, aus China bezogen. Dabei handelte es sich um Substanzen, die in Deutschland durchweg verschreibungspflichtig und nicht frei verkäuflich sind. Diese Substanzen können schwere Gesundheitsschäden auslösen - in der Bodybuilder-Szene scheint dies aber keine Rolle gespielt zu haben: Binnen zweier Jahre erzielte der 27-Jährige einen Umsatz von gut 150.000 Euro. Eigenen Angaben zufolge war Geld für die Männer aber nicht ausschlaggebend gewesen: Er habe Freude an Bodybuilding gehabt; sei immer besser geworden, hatte der BND-Mitarbeiter erklärt. Schließlich habe er an Wettbewerben teilnehmen können. "Ohne Anabolika geht da aber nichts mehr." Man habe zunehmend einen "übersteigerten Körperkult" betrieben, hatte ein Mitangeklagter bestätigt.

Auf die Spur war man seinem "florierenden Pharmaunternehmen" - Zitat Staatsanwalt - schließlich gekommen, weil es seine Präparate ganz offen auf Foren im Internet angeboten hatte. Der Staatsanwalt bezeichnete dies als Novum: Bisher habe man derartiges nur im Darknet finden können. Beim Vertrieb der Ware war dem BND-Mitarbeiter ein 28-jähriger Student behilflich, der mit Dopingpräparaten und Geld entlohnt wurde. Ein Computerfachmann erstellte und betreute gegen Entgelt das Online-Vertriebsportal. Die Kammer hatte das Verhalten der drei Männer als gewerbsmäßiges Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport beziehungsweise unerlaubtes Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gewertet. Der Hauptangeklagte wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt, seine Gehilfen zu zwei Jahren und zehn Monaten beziehungsweise drei Jahren. Die Staatsanwaltschaft ist gegen das Urteil allerdings in Revision gegangen, zwei der Verurteilten zogen nach.

Die vier Männer im Alter zwischen 24 und 47 Jahren, die jetzt vor Gericht stehen, fungierten vor allem als Schutzschild für die Haupttäter, die sich ihrer in der Absicht bedienten, ihre Entdeckung zu verhindern. So wurden beispielsweise die für die Weiterverarbeitung bestimmten Wirkstoffe sowie Kreditkarten, die der Vereinnahmung von durch den Anabolikahandel erwirtschafteten Geldern dienten, ab dem 9. Juni 2013 an die Adressen von zwei der Angeklagten gesendet und von diesen auf Anweisung eines der Haupttäter an ihn weiterverschickt. Dabei wussten die beiden Männer, was sich in den Brief- und Paketsendungen befand oder nahmen es der mehr als 50 Seiten umfassenden Anklageschrift zufolge zumindest billigend in Kauf. Auch sie erhielten für ihre Dienste regelmäßig Arzneimittel zu Dopingzwecken.

Während zwei Angeklagte nach ihrer Festnahme der Polizei gegenüber geschwiegen hatten, zeigten sich vor Gericht alle vier aussagebereit.

Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.