Landshut

In übler Gesellschaft: CSU-Stadtrat Schnur und die Internet-Hetze


In ihrer jüngsten Ausgabe beschäftigt sich die F.A.S. auch mit dem Landshuter Stadtrat Rudolf Schnur. Der kommt dabei nicht gut weg.

In ihrer jüngsten Ausgabe beschäftigt sich die F.A.S. auch mit dem Landshuter Stadtrat Rudolf Schnur. Der kommt dabei nicht gut weg.

Das publizistische Wirken von Rudolf Schnur, Chef der CSU-Stadtratsfraktion, sorgt nun auch überregional für Aufsehen. In ihrer jüngsten Ausgabe beschäftigte sich die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" ausführlich mit der Diffamierung von Politikern durch falsche Zitate. Schnurs Veröffentlichungen wird dabei breiter Raum eingeräumt. Der Artikel trägt den Titel "Verleumdung".

"Es ist die einfachste Sache der Welt: die Worte eines Politikers zu verdrehen, sie entstellend aus dem Zusammenhang zu reißen oder ihm einfach welche in den Mund zu legen und sie dann ins Netz zu stellen", schreibt F.A.S.-Autor Francesco Giammarco in seinem Artikel. Opfer dieser Praxis seien vor allem Politiker der Grünen. Besonders häufig tauche ein Satz auf, den Jürgen Trittin gesagt haben soll. Er lautet: "Deutschland verschwindet immer mehr, und das finde ich einfach großartig." Nur, so Giammarco: Trittin hat diesen Satz nie gesagt. Als Quellenangaben der Fälschung müssen sowohl die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 2. Januar 2005, Seite 6, herhalten, als auch das Protokoll einer Plenarsitzung aus dem Bundestag vom 23. April 1999 - beides frei erfundene Angaben.

Besonders bemerkenswert findet es der Autor, dass sich das falsche Trittin-Zitat nicht nur auf einschlägigen Seiten wie "Volksbetrug" und "BRD-Schwindel" findet, "sondern auch auf einer Website der CSU, Ortsverband Landshut-Stadt Ost. Mitsamt der falschen F.A.S.-Quelle". Giammarco konfrontierte Schnur mit dem Vorwurf, ein gefälschtes Zitat veröffentlicht zu haben. Schnurs Reaktion liest sich in der F.A.S. wie folgt: "Wenn man Schnur fragt, woher er das Zitat hat, gibt er dieselbe Antwort wie alle anderen, die das Zitat verbreiten, darunter Rechtsradikale und Verschwörungstheoretiker: Er kann sich nicht erinnern. Fände er auch ein bisschen viel verlangt."

Von der LZ auf den Artikel in der F.A.S. angesprochen, sagt Rudolf Schnur, dass sich Francesco Giammarco vor einigen Wochen telefonisch bei ihm gemeldet habe. Nachdem er von ihm darauf hingewiesen worden sei, dass es sich beim Trittin-Zitat um eine Fälschung handle, habe er es von der Seite genommen. Die Thematisierung des Vorgangs in der F.A.S. bewertet Schnur als "Nachtreten". Von ihm veröffentlichten Seiten rechtsextreme Tendenzen zu unterstellen, findet er "bedenklich".

Spricht man mit Francesco Giammarco über seinen Artikel in der F.A.S., weist er zunächst auf den Ursprung seiner Recherchen hin: "Weil bei diesem Trittin-Zitat immer die F.A.S. als Quelle herhalten musste, hat man mir gesagt: Finden Sie doch mal raus, wo das herkommt." Bei seinen Nachforschungen sei er unter diversen Seiten von Rechtsradikalen und Verschwörungstheoretikern auch auf die Website der CSU in Landshut gestoßen - "und das sticht natürlich raus". Er habe Schnur dann zweimal angerufen. "Beim ersten Mal hat er mir gesagt, ich soll eine Gegendarstellung schicken", sagt Giammarco. "Und, ganz ehrlich: Das habe ich nicht verstanden. Herr Schnur hätte das Zitat selbst innerhalb einer Minute überprüfen können." Einen Monat später habe er sich nochmals bei Schnur gemeldet, um sich zu erkundigen, ob er mittlerweile Zeit gefunden habe, die Herkunft des Zitats nachzuvollziehen. "Er hatte auch dann keine Antwort parat. Er schien auch kein Interesse daran zu haben."

Dass der CSU-Fraktionschef im Politikteil der F.A.S. in einem Atemzug mit Rechtsradikalen und Verschwörungstheoretikern genannt wird, wundert eine überhaupt nicht: Sigi Hagl, Fraktionschefin der Grünen im Landshuter Stadtrat. "Für mich steht Rudolf Schnur rechtsaußen", sagt Hagl im Gespräch mit der LZ. Sie habe sich vor eineinhalb Jahren an den CSU-Bezirks- und Kreisvorstand sowie an Oberbürgermeister Hans Rampf gewandt, um auf Verleumdungen auf Schnurs Klartext.la-Seite hinzuweisen. "Die einzige Reaktion war: Das ist seine Privatangelegenheit. Die CSU war nie bereit zu reagieren", sagt Hagl, die Schnurs Angriffe auf ihre Partei gar nicht weiter thematisieren möchte. "Was viel dramatischer ist", sagt sie, "ist die Art und Weise, wie auf seiner Internetseite die Zuwanderungsproblematik behandelt wird: Das ist menschenverachtende Hetze. Schnur ist ein verbaler Brandstifter, der massiv dazu beiträgt, das öffentliche Klima zu vergiften."

Von Privatsache spricht in der Landshuter CSU indes kaum noch jemand. "Es sind in den letzten Tagen viele Kolleginnen und Kollegen auf mich zugekommen", sagt Kreisvorsitzender und Stadtrat Helmut Radlmeier. "Die Fraktion und die Partei werden das Thema ganz klar ansprechen müssen." Für die diskutierten Veröffentlichungen in Schnurs Verantwortung fehle ihm jedes Verständnis: "Davon distanziere ich mich." Auch Oberbürgermeister Hans Rampf (CSU) sieht das publizistische Wirken des CSU-Fraktionschefs in neuem Licht: "Der Kreisvorstand muss sich mit Herrn Schnur beschäftigen. Seine Veröffentlichungen schädigen die Partei." Für Ausländerfeindlichkeit dürfe es generell keinen Platz geben, erst recht nicht angesichts der Herausforderungen durch die Flüchtlingskrise: "Mit Hetz-Aussagen wird man der Situation nicht gerecht. Dessen sollte sich auch Herr Schnur bewusst sein."