Landshut

Grünen-Gutachten zur B15 neu wird abgewatscht


Bei Ohu laufen die Bauarbeiten am künftigen Autobahnkreuz der A 92 mit der B15 neu. Sollte diese an Landshut vorbei Richtung Süden verlängert werden, würde die Stadt deutlich entlastet, sagt Prof. Dr. Harald Kurzak.

Bei Ohu laufen die Bauarbeiten am künftigen Autobahnkreuz der A 92 mit der B15 neu. Sollte diese an Landshut vorbei Richtung Süden verlängert werden, würde die Stadt deutlich entlastet, sagt Prof. Dr. Harald Kurzak.

Diese Retourkutsche hatte es in sich: In einer Pressekonferenz hat Manfred Dreier, Leiter der Abteilung Straßenbau am Staatlichen Bauamt Landshut, das von der Grünen-Landtagsabgeordneten Rosi Steinberger in Auftrag gegebene Gutachten zur Fortführung der B15 neu und zur Süd-Ost-Umfahrung Landshuts regelrecht in der Luft zerrissen. "Um ein Gutachten im üblichen Sinn handelt es sich dabei ja gar nicht", so Dreier. Was ihm bekannt sei, "ist lediglich eine Powerpointpräsentation, die in weiten Teilen aus abgeschriebenen Gesetzestexten, Gemeinplätzen und Plattitüden besteht".

Dreier wies insbesondere die von Steinberger unter Berufung auf die von Wulf Hahn vorgelegte Expertise erhobenen Vorwürfe scharf zurück. Dass seine Behörde und die beauftragten Experten Prof. Dr. Harald Kurzak und Dr. Hans Michael Schober bei der Beurteilung der 14 verschiedenen Trassenvarianten nicht transparent, nicht ergebnisoffen und nicht professionell gearbeitet hätten, könne er nicht unwidersprochen so stehenlassen. Denn diese Behauptungen entbehrten jeder Grundlage, so Dreier. "Uns ging es bei der Untersuchung darum, die sinnvollen, zweckmäßigen und machbaren Varianten herauszufiltern. Dafür wurden alle Varianten ergebnisoffen untersucht." Und: Dass mit dieser Aufgabe Verkehrswissenschaftler Kurzak und für die Umweltbelange der Landschaftsarchitekt Schober beauftragt werden sollten, sei in der ersten Sitzung des Dialogforums von allen Beteiligten akzeptiert worden.

Die von Hahn und Steinberger vorgebrachten Kritikpunkte an der Vorgehensweise bei der Trassenuntersuchung widerlegten dann Schober und Kurzak. Schober wies beispielsweise darauf hin, dass die bemängelte detaillierte Untersuchung jeder Trasse "in diesem frühen Stadium nicht sinnvoll ist". Vielmehr sei es vernünftig, zunächst die sich aufdrängenden Varianten zu ermitteln. Üblicherweise würden dafür unter anderem die entlastenden und belastenden Wirkungen für die vom Verkehr Betroffenen, die Verkehrswirksamkeit, die umwelt- und naturschutzfachliche Zulässigkeit und nicht zuletzt die Kosten untersucht. Genau das sei auch in diesem Fall geschehen. Mehr sei derzeit nicht erforderlich. "Es handelt sich schließlich noch nicht um ein Genehmigungsverfahren, sondern um eine erste Handreichung an alle Betroffenen und Verbände", betonte Schober. Auf dieser Grundlage könne gemeinsam nach der besten Lösung gesucht werden.

Offensichtlich habe Hahn in diesem Prozess etwas falsch verstanden, so Schober. "Wir können doch jetzt nicht, wie gefordert wurde, für jede Trasse eine komplette Umweltverträglichkeitsprüfung machen. Das würde Kosten in Millionenhöhe verursachen." Dreier wiederum äußerte den Verdacht, dass genau das das Ziel von Steinberger und Hahn sein könnte: "Mit einer solchen Forderung zum jetzigen Zeitpunkt der Planungen soll das Verfahren wohl verzögert und verteuert werden." Sachlich begründbar seien die Vorwürfe jedenfalls nicht. "Wir haben unsere Ergebnisse in einer Tiefe ausgearbeitet, dass eine objektive Entscheidung über die geeignetsten Trassen gut möglich ist."

Nur ein Drittel der Entlastung bei stadtnaher Umgehung

Auch wenn letztlich das Dialogforum eine Empfehlung aussprechen müsse: Dreier, Kurzak und Schober ließen keinen Zweifel daran, dass sie die von den Grünen und auch von Hahn bevorzugte Variante einer innenstadtnahen Ostumgehung allein nicht für ausreichend halten. "Das bringt nur ein Drittel der Entlastung für die Stadt - und für den Landshuter Westen, etwa für die Luitpold-, Witt- und Veldener Straße, überhaupt nichts", so Dreier. Kurzak wies zudem darauf hin, dass seine Prognosen zur Verkehrsentwicklung eines noch gar nicht berücksichtigten: "Die aktuellen Engstellen auf der Nord-Süd-Achse zwischen Regensburg und Rosenheim werden im Süden bereits beseitigt." So sei die Westumfahrung Rosenheims in Bau. "In drei, vier Jahren ist dort alles fertig. Dann hat Landshut von Norden und von Süden noch mehr Verkehrsdruck", sagte Kurzak. Sein Fazit: "Wir brauchen selbst mit einer stadtnahen Osttangente eine wirkliche Umfahrung Landshuts."

Zumal die von den Grünen und Hahn angepriesene sogenannte Variante 6 einer stadtnahen Ostumgehung mit Anschluss an die B299 aus Schobers Sicht auch in Sachen Umweltverträglichkeit keine Alternative ist. Warum, erläuterte der Landschaftsarchitekt gestern den Medienvertretern im Detail. Die Kurzversion des Vortrags: Wegen der für diese Variante vorgesehene Tunnellösung durch die Isarhangleite würden Wasserflüsse in den betroffenen Bodenschichten unterbrochen. Das könne mittelbar zu einer Zerstörung der Quellhorizonte und damit der europarechtlich prioritär geschützten Quellbiotope auf bis zu 500 Metern Länge führen, sagte Schober. Sein Urteil: "Diese Variante würde einen prioritär geschützten Lebensraumtyp erheblich beeinträchtigen und wäre deswegen nicht genehmigungsfähig."

Besser sehe es bei der vom Staatlichen Bauamt und den B15 neu-Befürwortern vorgeschlagenen stadtfernen Variante 1 a aus. Diese quere das geschützte FFH-Gebiet an seiner schmalsten Stelle, sagte Schober. "Betroffen wäre eine Fläche von rund 0,2 Hektar." Das betroffene FFH-Schutzgebiet sei insgesamt tausende Hektar groß. Einen 50 Meter breiten Streifen zu verlieren, sei verkraftbar, zumal es sich nicht um ein prioritär geschütztes Gebiet handle. Außerdem könne der Eingriff durch technische Maßnahmen und parallele Waldanpflanzungen gemindert werden.

Kurzak für vierspurigen Weiterbau der B15 neu

Was die verkehrliche Wirksamkeit und das Entlastungspotenzial für Landshut angeht, ist die Variante 1 a laut Kurzak ohnehin erste Wahl. Aber auch überregional sei diese Straße von hohem Nutzen. "Würde die B15 neu vierspurig bis zur A94 weitergebaut, könnte sie die B20, vor allem aber die A99 im Osten von München im Mittel um täglich rund 7000 Fahrzeuge entlasten", sagte der Verkehrswissenschaftler. Insbesondere im Urlaubsreiseverkehr sei das wertvoll, weil die A99 dann regelmäßig überlastet sei - und Reisende großräumig über die B15 neu ausweichen könnten.

Die Kritik seines Gutachter-Kollegen Hahn nimmt Kurzak übrigens mit größter Gelassenheit hin. "Ich hatte seine Firma Regio-Consult schon viermal als Gegner, und zwar bis zum Bundesverwaltungsgericht", sagte er - und fügte süffisant hinzu: "Ich habe immer gewonnen."