Landshut

Frau (32) stürzt ins Gleisbett - und fast keiner hilft


Wegen eines epileptischen Anfalls fiel Mandy B. an Gleis 5 ins Gleisbett. Nur zwei Mutige sprangen nach und leisteten Erste Hilfe.

Wegen eines epileptischen Anfalls fiel Mandy B. an Gleis 5 ins Gleisbett. Nur zwei Mutige sprangen nach und leisteten Erste Hilfe.

Es ist das Schlimmste, was einem Epilepsiepatienten passieren kann: Gerade steht er noch auf dem Bahnsteig. Plötzlich ist alles schwarz. Blackout.
Minuten später liegt er im Gleisbett mit aufgeschürften Beinen, gebrochenen Zehen, einem aufgeschlagenen Gesicht und zwei ausgeschlagenen Zähnen und kann sich an nichts mehr erinnern. Genau das ist Mandy B. vergangenen Dienstag am Hauptbahnhof auf Bahnsteig 5 passiert. Sie will eigentlich nur von einem Arzttermin zurück nach Dingolfing fahren, als sie durch einen Anfall die Kontrolle über ihren Körper verliert, bewusstlos wird und auf die Gleise stürzt.

"Klar, der Unfall ist schlimm. Aber viel unglaublicher ist: Obwohl der ganze Bahnsteig voll war, haben nur zwei Menschen geholfen", sagt Mandys Mutter. Eine von ihnen: Ramona Engelhardt. Die Fachoberschülerin stand am Ende des Gleises und sah aus dem Augenwinkel, dass auf Höhe des Raucherbereichs eine Frau kopfüber in die Gleise fiel. Ohne lang zu überlegen, warf Engelhardt ihre Tasche und ihr Handy auf eine Bank und sprang hinterher. "Das war für mich gar keine Frage, ob ich helfe oder nicht - in dem Moment habe ich wirklich nicht überlegt", sagt Engelhardt. Durch den Krampfanfall, den Mandy B. auf den Gleisen hatte, war es für die Schülerin zuerst nicht möglich, die 32-jährige Verletzte von den Gleisen zu holen. Immer wieder schlug Mandys Kopf auf den Steinen im Gleisbett auf. "Sie war schon ganz blutig, und mir war klar, dass ich sie irgendwie von den Gleisen bringen muss", sagt Engelhardt. Schließlich kam ihr ein Bahnmitarbeiter zur Hilfe. Gemeinsam zogen sie Mandy auf den Bahnsteig. "An den Zug, der um 14.25 Uhr einfahren sollte, habe ich gar nicht gedacht. Erst als der Zug vor mir stand, war mir flau im Magen", sagt Engelhardt.

Warum Mandys Mutter sich mit dem Unfall ihrer Tochter an die Landshuter Zeitung gewendet hat: "Ich will die Menschen aus ihrer Bequemlichkeit aufrütteln. Jeder sollte in einem Notfall Zivilcourage zeigen." Auch Ramona Engelhardt hätte sich gewünscht, dass mehr Menschen den Mut gehabt hätten, zu helfen. "Zur Mittagszeit war der Bahnsteig voll. Es waren viele 40- und 50-Jährige vor Ort und da muss ich als 20-Jährige erst allen anderen zeigen, dass man helfen muss", sagt Engelhardt. Sie glaubt, dass sich viele der Schaulustigen im ersten Moment hilflos gefühlt haben und Angst hatten, etwas falsch zu machen. Der Schulterklopfer mit den Worten "Danke, dass Sie geholfen haben" von einer Frau am Bahnsteig habe genau diese Hilflosigkeit widergespiegelt.

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