Landshut

Ehemaliger Rocket Club ist jetzt Notunterkunft III


Kurz bevor die nächsten Flüchtlinge kommen, wurden gestern noch Tische und Stühle angeliefert.

Kurz bevor die nächsten Flüchtlinge kommen, wurden gestern noch Tische und Stühle angeliefert.

Um aus einer Diskothek eine menschenwürdige Sammelunterkunft zu machen, braucht man Zeit. Doch die wird der Stadt durch die Flüchtlingskrise kaum gelassen.

Gestern besichtigte der Stadtrat die neue, gerade fertiggestellte Notunterkunft III an der Siemensstraße. Eigentlich sollte sie erst am 1. Dezember in Betrieb genommen werden. Doch noch für den selben Tag wurde dort mit der Ankunft von 70 weiteren Flüchtlingen gerechnet.

Spätestens kommende Woche voll belegt

"Keiner kann sich vorstellen, was hier in den vergangenen Wochen geleistet wurde", sagte Flüchtlingskoordinator Thomas Link. Das ahnt man vielleicht, wenn man die ehemalige Weberei, in der zuletzt der Rocket Club untergebracht war, noch vorher kannte. Mittlerweile wurde das Gebäude vollständig entkernt. Zur gestrigen Besichtigung war alles weitgehend fertig geworden - gerade noch rechtzeitig. "Wir rechnen heute noch mit einer Belegung von 70 Leuten", sagte Link und kündigte für die nächste Woche weitere Zuweisungen an: "Wir kriegen am Montag, Mittwoch und Freitag je 50 und eventuell unter der Woche noch mal 70 Leute."

Spätestens nächste Woche sei auch die alte Weberei, die für bis zu 250 Menschen ausgerichtet ist, "rappelvoll". Laut Thomas Link werden ab nächster Woche rund 800 Flüchtlinge in Landshut leben. Auch die erst am Dienstag dieser Woche neu eröffnete dezentrale Unterkunft in der Altdorfer Straße ist bereits voll belegt. Ursprünglich für 40 Menschen angelegt, wird sie noch mal um 30 Plätze aufgestockt. "Damit wir unsere 'Dezentralen' - also Flüchtlinge, die sich bereits einen Job und eine Wohnung suchen könnten - aus den Notunterkünften rausbringen", erklärte Link.

Die meisten bleiben nur zwischen zwei bis drei Wochen, einige sind inzwischen jedoch schon drei Monate hier. Seit nunmehr einem Jahr betreibt die Stadt ihre Flüchtlingsunterkünfte, es habe noch keinen einzig nennenswerten Vorfall, wie etwa eine Schlägerei unter den Bewohnern, gegeben, sagt Link. Auch bei der Aufteilung der Räume an der Siemensstraße habe man darauf geachtet, dass sie das soziale Miteinander erleichtern.

Vier Hallen auf mehr als 400 Quadratmetern

Der Komplex der neuen Unterkunft umfasst mehr als 400 Quadratmeter und ist aufgeteilt in vier Hallen. Um die Unterkunft effizient bewirtschaften zu können, mussten einige Nebengebäude abgerissen werden. Neu installiert wurden neben der ganzen Haustechnik eine Gasheizung und für Männer und Frauen getrennte Sanitäranlagen. Die Bewohner müssen selber putzen; einen Reinigungsdienst gibt es nicht.

Aus einem Lagerraum für die täglichen Bedürfnisse bekommt jeder Handtücher und weitere Hygieneartikel ausgehändigt. Doch die Bewohner erhalten an der Siemensstraße nicht nur eine Unterkunft und medizinische Versorgung, sie werden auch in drei Schichten verpflegt in einem zentralen Catering-Bereich. Jeder, der dort versorgt wird, bekommt einen Ausweis, damit er als Bewohner der Unterkunft erkennbar ist. Die Cateringfirma kümmert sich auch um das Geschirr und den Abwasch, dafür wurde laut Link ein günstiger Pauschalpreis vereinbart.

Im Weiteren gibt es in der Alten Weberei einen separaten Raum für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, ein Arztzimmer und eine Krankenstation, die mit alten Bundeswehrbetten ausgestattet wurde. "Da spart man schnell mal ein paar Hundert Euro, indem man keine neuen kauft", sagt Link.

Das Obergeschoss wurde mit Spanpressplatten unterteilt zu Schlafräumen für zwei-, vier-, sechs- und achtfache Belegung mit Etagenbetten. Aus Brandschutzgründen dürfen die Abteile keine Türen haben, stattdessen erhalten sie schwer entflammbare Molton-Vorhänge. Solche Sachkosten bekomme die Stadt ersetzt. Ab einer Belegung von 75 Menschen pro Unterkunft gebe es theoretisch auch eine Vergütung für eine Hausmeisterstelle, doch sei es schwierig, für diesen Job jemanden zu finden, so Link.

Containerdorf denkbar

Oberbürgermeister Hans Rampf, der die Einrichtung gestern mit Stadträten und Parteifreunden inspizierte, war voller Anerkennung für die Arbeit, mit der die Beteiligten von den bauamtlichen Betrieben in aller Eile an der Siemensstraße für humane Wohnbedingungen gesorgt haben.

Es wird wohl nicht die letzte Unterkunft bleiben: Neben einer "Winterhalle" in Holzständerbauweise im Industriegebiet ist dort auch ein Containerdorf denkbar. Denn wie viele Flüchtlinge noch nach Landshut kommen weiß niemand, und laut Link muss weiterhin damit gerechnet werden, "dass uns ein Bus voll vor die Tür gestellt wird".

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Wo sich früher die Tanzfläche des Rocket Clubs befand, werden künftig die Bewohner der Unterkunft verpflegt.

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Oberbürgermeister Hans Rampf begutachtet die Etagenbetten: "Wie bei der Bundeswehr".