Landshut

Angeklagter (32) sieht für grünen Daumen vor Gericht die rote Karte


Einsicht, Fehlanzeige. Für seinen grünen Daumen gab's für den Angeklagten vor Gericht die rote Karte.

Einsicht, Fehlanzeige. Für seinen grünen Daumen gab's für den Angeklagten vor Gericht die rote Karte.

Eigentlich deutete zunächst alles auf einen kurzen Prozess hin. Doch dann kam alles anders.

Warum plötzlich alles aus dem Ruder gelaufen ist, konnte am Ende der Verhandlung keiner so recht sagen. Ursprünglich hatte jeder mit einem unspektakulären kurzen Prozess gerechnet, von Amtsrichter Alfred Zimmerer mit seinen Schöffen über Staatsanwalt Thomas Rauscher bis hin zu einer Berufsschulklasse, die in den Zuhörerreihen Platz genommen hatte. Der Angeklagte hatte bereits im Vorfeld neben dem Besitz einer kleinen Cannabis-Plantage den Versuch eingeräumt, in einer Landshuter Apotheke ein gefälschtes Rezept einzureichen. Die Verhandlung entpuppte sich dann aber als chaotischer Selbstläufer, der darin gipfelte, dass der 32-jährige Angeklagte anfing, Unverständliches herum zu schreien.

Das Urteil

Am Ende verurteilte das Schöffengericht Christoph P., dem Richter Zimmerer aufgrund seiner zahlreichen Vorstrafen ein "illustres Vorleben" bescheinigte, heute wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Staatsanwalt Rauscher hatte in seinem Plädoyer eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten beantragt. Verteidiger Georg Haberger plädierte für seinen Mandanten auf eine Bewährungsstrafe, deren Höhe er in das Ermessen des Gerichts stellte. Mit einer Bewährungsstrafe wäre aber selbst dann nicht zu rechnen gewesen, wenn Christoph P. bei seinem Geständnis geblieben wäre, dass er der Kriminalpolizei gegenüber abgelegt hatte. Demnach zog der 32-Jährige in seiner Wohnung in der Landshuter Innenstadt mindestens acht Cannabis-Pflanzen bis zu einer Wuchshöhe von etwa 1,20 Meter heran. Abgeerntet und getrocknet ergaben die acht Pflanzen 177,1 Gramm Marihuana. Die Beamten fanden bei der Durchsuchung am 19. Dezember 2014 zudem weitere 46 Gramm Marihuana. Mit den insgesamt 223,1 Gramm Marihuana beabsichtigte P. laut Anklage, durch einen späteren Verkauf des Rauschgifts einen Gewinn zu erzielen. Die 1,29 Gramm Speed, die ebenfalls sichergestellt wurden, seien nicht widerlegbar lediglich für den Eigenkonsum des Angeklagten bestimmt gewesen, so die Staatsanwaltschaft. Laut Verteidiger Haberger hatte der Angeklagte das gesamte Rauschgift ausschließlich für sich selbst aufbewahrt - eine Einlassung, der das Schöffengericht bei der Urteilsfindung aber nicht folgte.

Keine Einsicht

Er habe schon mit einer Wohnungsdurchsuchung gerechnet, so P. vor Gericht. "Die Pflanzen waren mir aber zu schade zum Abernten." Sie hätten noch zwei bis drei Zentimeter gebraucht, "dann wären sie perfekt zum Ernten gewesen", so die kuriose Einlassung des 32-Jährigen - die laut Zimmerer zeigte, dass der Angeklagte keinerlei Einsicht in sein Fehlverhalten habe und man somit eine günstige Sozialprognose ausschließen könne. Möglicherweise war P. dann aufgegangen, dass seine Aussage bezüglich seines grünen Daumens bei dem Schöffengericht nicht gerade gut angekommen war, denn er verweigerte plötzlich Angaben und verwies auf seine Aussage bei der Kripo - was dem Schöffengericht aber nichts brachte, nachdem in deutschen Gerichtssälen das Mündlichkeitsprinzip herrscht. Richter Zimmerer ließ daraufhin spontan den Apotheker laden, in dessen Apotheke am Kaserneneck P. am 3. März diesen Jahres ein gefälschtes Privatrezept für Diazepam-Tabletten einlösen wollte. Auf die Ladung von Zeugen war ursprünglich verzichtet worden.

Der Apotheker sagte dann vor Gericht, er könne den Angeklagten, der nach dem Anruf einer Mitarbeiterin von der Polizei vor seiner Apotheke festgenommen worden war, nicht einwandfrei identifizieren. Der Mann damals habe eine Kapuze getragen und einen Vollbart gehabt. Trotz dieser für ihn günstigen Aussage fing Christoph P. an dieser Stelle an, herumzubrüllen. "Der ist doch wie alle anderen auch gegen mich", war das einzige, was man aus dem Geschrei heraus verstehen konnte. Für die Berufsschulklasse hatte die Verhandlung spätestens an diesem Punkt einen hohen Unterhaltungswert erreicht. Richter Zimmerer wurde es allerdings zu bunt: Dementsprechend verwies er den Angeklagten in seine Schranken. Besondere Umstände für eine Strafmilderung seien bei Christoph P. nicht gegeben gewesen, sagte Zimmerer später in der Urteilsbegründung.