Bad Kötzting

Vier Monate am Ende der Welt


Nach der Ankunft holt sich Hauptmann Johannes Schmid seine Ausrüstung ab. Foto: Presse- und Infozentrum des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr

Nach der Ankunft holt sich Hauptmann Johannes Schmid seine Ausrüstung ab. Foto: Presse- und Infozentrum des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr

"Schöne Grüße aus Mazar-e Sharif - Johannes" heißt es in einer E-Mail, die etlichen Lamern in den vergangenen Tagen ins Haus flatterte. Mazar-e Sharif? Afghanistan? Dabei handelte es sich, das war schnell klar, nicht um Urlaubsgrüße aus dem Norden Afghanistans. Johannes Schmid, Ex-Fußballer bei den Osserbuam und Hauptmann der Bundeswehr, hat im vergangenen Jahr den Entschluss gefasst, für vier Monate zum Einsatz an das Ende der Welt zu gehen.

Am 1. Januar begann die Reise in München und führte über Hannover einen Tag später zunächst nach Dushanbe in Tadschikistan. Von dort ging es dann weiter nach Mazar-e Sharif.

Übersetzt bedeutet der Name der Stadt "Grab des Heiligen" und bezieht sich auf die hier vermutete Grabstätte von Ali ibn Abi alib, Cousin und Schwiegersohn Mohammeds, der sowohl von Sunniten, Schiiten als auch Aleviten geehrt wird. Mazar-e Sharif gilt hierdurch als bedeutendster Wallfahrtsort Afghanistans und als heilige Stadt des Islam. Am 1. Juni 2006 übernahm Deutschland im Rahmen der International Security Assistance Force (ISAF) als so genannte "Lead Nation" die Führung des Regionalkommandos Nord (RC-North) mit seinen neun Provinzen und einer Fläche von mehr als 162 000 Quadratkilometern.

Die Bundeswehr beteiligt sich mit bis zu 4 900 Soldaten am ISAF-Einsatz in Afghanistan. Im RC-North in Mazar-e Sharif führt der deutsche Generalmajor Erich Pfeffer als "Regional Commander" die Aktivitäten der ISAF-Kräfte im Norden. Ziel ist nach wie vor, das Land bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit so zu unterstützen, dass sowohl die afghanischen Staatsorgane als auch das Personal der Vereinten Nationen und anderes internationales Zivilpersonal, insbesondere solches, das dem Wiederaufbau und humanitären Aufgaben nachgeht, in einem sicheren Umfeld arbeiten können.

Hauptmann Johannes Schmid ist seit Mai 2011 als Presseoffizier für die Informations- und Öffentlichkeitsarbeit der Gebirgsjägerbrigade 23 mit ihren fünf Standorten in Süddeutschland verantwortlich. Im ISAF-Einsatz wird er die Besuche von Medienvertretern im Verantwortungsbereich des RC North vorbereiten und diese bei ihrer Arbeit begleiten. Doch bevor es so weit war und er seinen Dienst dort antreten konnte, musste der Lamer mehrere Wochen Vorbereitung hinter sich bringen. Mit Urlaub oder Abenteuerlust hat ein Einsatz in Afghanistan ganz sicher nichts zu tun. Als Herberge dienen im Wesentlichen feste Unterkünfte und Container.

Im Feldlager stehen sanitäre Einrichtungen, die modernen Hygienestandards entsprechen, zur Verfügung. Die Sicherheitslage dort ist alles andere als stabil. Immer wieder kommt es zu Zwischenfällen unter Anwendung von Waffengewalt. "Die ISAF ist autorisiert, alle erforderlichen Maßnahmen einschließlich der Anwendung militärischer Gewalt zu ergreifen, um den Auftrag gemäß Resolution des Sicherheitsrates durchzusetzen. Die Soldaten der ISAF haben auch die Befugnis zur Wahrnehmung des Rechts auf bewaffnete Nothilfe zugunsten Jedermann.

Die einzelnen Bestimmungen sind in den Einsatzregeln (Rules of Engagement) festgelegt und für die deutschen Soldaten in einer Taschenkarte umgesetzt. Diese ist allen Soldaten vertraut", heißt es höchst sachlich auf der Info-Seite der Bundeswehr. Ein Umstand, der Johannes Schmid bei seiner Entscheidung für den viermonatigen Einsatz sehr bewusst war. In seinem Einsatztagebuch schreibt er: "Am Silvesternachmittag kontrolliere ich ein letztes Mal meine Unterlagen und die Ausrüstung. Der Blick auf Patientenverfügung, Abschiedsbrief und Vollmachten lässt meine Vorfreude auf ausgelassene Stimmung am Abend gegen Null sinken".

Warum verlässt ein junger Mann wie Johannes das komfortable Leben der mitteleuropäischen Zivilisation und geht für vier Monate ans Ende der Welt, wohlwissend, dass dort eine latente Gefahr vorherrscht. Natürlich, die Bundeswehr ist eine Armee, ihre Angehörigen sind Soldaten und das seit geraumer Zeit ausschließlich freiwillig. Sie werden unter anderem genau dafür ausgebildet und solche Einsätze gehören heute zu ihrem Aufgabenbereich.

Doch kein Vorgesetzter hat Hauptmann Johannes Schmid diesen Einsatzbefehl erteilt, seine Entscheidung ist freiwillig und er erklärt sie wie folgt: "In den letzten Wochen erntete ich im Freundeskreis ausschließlich Kopfschütteln für meine Entscheidung, freiwillig für vier Monate nach Afghanistan zu gehen. Eine Mischung aus Neugier, beruflicher und persönlicher Herausforderung haben mich dazu bewogen. Ob es richtig war, eine Herausforderung anzunehmen, der ich mich gar nicht hätte stellen müssen, darauf bin ich selbst am meisten gespannt."

Auf der Internetseite der Bundeswehr (bundeswehr.de) berichtet Johannes Schmid unter der Rubrik "aktuelle Einsätze - Afghanistan (ISAF)" ab nun regelmäßig von seinen Erfahrungen.

Quellen: Johannes Schmid, Presse- und Informationszentrum des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr