Kommentar zum EV Landshut

Es war einmal: Der schlafende Riese im deutschen Eishockey


Bilder mit Symbolcharakter: Der EVL beim Gewinn der letzten Deutschen Meisterschaft 1983 (li.) und die Oberliga-Tristesse heute (re.).

Bilder mit Symbolcharakter: Der EVL beim Gewinn der letzten Deutschen Meisterschaft 1983 (li.) und die Oberliga-Tristesse heute (re.).

Der EV Landshut - einst eine der großen Adressen im deutschen Eishockey, heute ein Schatten seiner selbst.

"Mia san EVL" thront es immer noch in FC Bayern-geschwängerter Manier auf der Homepage des EV Landshut. Freilich, der Traditionsverein blickt auf eine ruhmreiche Historie zurück. Doch die Eishockey-Hochburg am Gutenbergweg zehrt eben nur noch von der Vergangenheit. Die Gegenwart sieht leider anders aus. Vorbei sind die großen Spektakel gegen Mannheim, Köln und Co. - jetzt heißen die Gegner Schönheide und Weiden.

Sportliche Talfahrt im Niemandsland

In der Tabelle der Oberliga Süd belegen die Rot-Weißen aktuell Platz 6. Der Rückstand auf Ligaprimus EV Regensburg beträgt schon jetzt satte 15 Punkte. Und dennoch, die Fans halten ihrem EVL trotz Eishockey-Magerkost weiterhin die Treue. Dass die Querelen des Sommers und die mindestens zwielichtigen Geschäftsgebaren der Herren Beck und Donbeck nicht spurlos an der Mannschaft vorübergegangen sind, ist menschlich. Rainer Beck hat mittlerweile das Weite gesucht, einzig die Übergabe von Christian Donbeck zieht sich nun schon verdächtig lange hin.

Trotz der strittigen Machenschaften kann man allerdings sportlich von diesem Kader mehr erwarten, als das, was er bislang aufs Eis gebracht hat. Deutlich mehr. Ursachenforschung? "Eine Frage der Einstellung der Spieler", moniert Coach Toni Krinner, "Eine Frage der taktischen Ausrichtung", gibt der ein oder andere Spieler zu bedenken.

Ansonsten übt man sich weiter fleißig in Durchhalteparolen, dass die Saison noch jung sei und man noch alle Zeit der Welt habe. Lieber mal tiefstapeln, kleinere Brötchen backen. Weg ist sie, die stolze Brust. "Mia waren EVL". Was ist nur aus diesem Verein geworden? Ein Verein, der das deutsche Eishockey prägte, wie sonst wenige. Von Glanz und Gloria der alten Tage ist nur noch die Erinnerung übrig. Heute dümpelt man in den Niederungen einer semiprofessionellen Liga herum und scheint sich damit abzufinden. Einzig die markigen Sprüche auf der Homepage zeugen von Angriffslust.

Das verstaubte Prunkstück Eishockey

Dabei wäre der Standort Landshut nach wie vor zur Speerspitze im deutschen Eishockey zu zählen. Kaum ein anderer Verein kann von sich behaupten, Supertalente wie Tobias Rieder, Tom Kühnhackl oder Nico Krämmer aus dem Ärmel zu schütteln. Freilich bringt man solche Talente nicht alle Tage hervor, trotzdem kann man getrost behaupten: Der Unterbau stimmt. In Sachen Nachwuchsarbeit gilt immer noch: "Mia san EVL"!

Doch außerhalb des Juniorenbereichs erinnert der EVL gegenwärtig eher an den TSV 1860 München als an den FC Bayern. Die sportlich großen Momente sind längst verjährt, was bleibt ist Nostalgie und die vage Hoffnung darauf, dass diese Zeiten in ferner Zukunft einmal wiederkehren mögen - und junge Talente eben nicht mehr so schnell das Weite suchen.

Immerhin, wenigstens hin und wieder wird der Landshuter Eishockey-Fan noch in schönere Zeiten entführt. Dann ist alles zumindest ein bisschen so wie früher. Beim Spiel der Legenden zwischen Deutschland und Russland im Eishockey-Tempel am Gutenbergweg war die alte Euphorie wieder da. Das waren noch Zeiten! Damals, als sich in den 80er und 90er Jahren bei EVL-Spielen noch Autos aus ganz Ostbayern am Parkplatz an der Grieserwiese tummelten. Aus nahezu allen Ecken des Freistaats strömten Fans nach Landshut, um den EVL zu sehen. Der ungeliebte Neuzeit-Rivale aus Straubing war damals noch ein weißer Fleck auf der Eishockey-Landkarte und blickte ehrfürchtig zum Lehrmeister nach Landshut.

Das war einmal. Mittlerweile folgen Landshuter Eigengewächse den Lockrufen aus der Gäubodenstadt. Die sportliche Perspektive macht's möglich. Und damit verbunden auch die wirtschaftliche. Auch das ist ein Manko in der Dreihelmenstadt. Seitens Politik und Wirtschaft schmückt man sich nach außen nur zu gerne mit dem Etikett "Eishockeystadt Landshut", doch nur wenige sind bereit, ihren Beitrag dazu zu leisten, die alte Eishockey-Hochburg wieder neu zu errichten. Und so bleibt der EVL wohl auch weiterhin ein schlafender Riese, den niemand mehr so richtig wecken will.