Hunde als Berufsberater

Im Projekt "Second Chance" führen Jugendliche Tierheimhunde aus


Sandra, Ramona, Sabrina und AWO-Mitarbeiterin Katrin Konrad (v.l.) mit den Tierheimhunden Boomer, Henry und Alfons.

Sandra, Ramona, Sabrina und AWO-Mitarbeiterin Katrin Konrad (v.l.) mit den Tierheimhunden Boomer, Henry und Alfons.

Von Julia Gabauer

Straubing. Nach der Schule einen guten Abschluss in der Tasche haben und dann in seinen Wunschberuf starten? Nicht alle Jugendlichen haben soviel Glück. Manche von ihnen finden oft keinen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz. Aber was fängt man dann mit sich an? Hier stellt die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Straubing Unterstützung bereit. Im Zuge des Projekts "Second Chance" betreuen Mitarbeiter arbeitslose Jugendliche unter 25, die aus Straubing und dem Landkreis kommen, und bereiten sie auf das Berufsleben vor. Zu diesem Programm gehören auch regelmäßige Besuche im Tierheim Straubing. Dort gehen die Jugendlichen mit den Hunden Gassi. Freistunde begleitete eine AWO-Gruppe auf einem dieser Spaziergänge.


Schon einige Meter vor dem Tor des Tierheims wird jeder Besucher mit einem vielstimmigen Bellkonzert begrüßt. "Jetzt holt sich jeder eine Leine und den dazugehörigen Hund und dann gehen wir los", ruft Katrin Konrad, Mitarbeiterin der AWO-Straubing. Fünf Minuten und eine Diskussion um den beliebtesten Hund später sind drei Mädchen-Hund-Paare bereit zum Abmarsch.

Es ist der erste richtig kalte Wintertag, aber die Tierheimhunde Boomer, Henry und Alfons freuen sich trotzdem, dass sie sich in der reifbedeckten Landschaft die Beine vertreten und alles beschnuppern können. Die heutige AWO-Gruppe ist klein, nur Sandra Maier (18), Sabrina Wolfhard (19) und Ramona Golleck (20) sind dabei. "Normalerweise sind wir mehr, viele sind leider krank heute", erklärt die Teilnehmerbetreuerin Konrad. "Aber unser Projekt hat sich bewährt."

Vorbereitung auf die Arbeitswelt

Bei "Second Chance" betreuen neben der Diplom-Sozialpädagogin noch drei weitere AWO-Mitarbeiter die Teilnehmer. Die Jugendlichen haben ganz vielfältige Probleme. Sie sind wegen ihren schulischen, persönlichen und sozialen Voraussetzungen noch nicht in der Lage, an Angeboten der Agentur für Arbeit teilzunehmen. Deswegen gelangen sie über das Arbeitsamt zur AWO. Hier kommen Katrin Konrad und ihre Kollegen ins Spiel. Bei "Second Chance" begleitet das Team die jungen Erwachsenen durch berufsvorbereitende Maßnahmen. Die AWO-Mitarbeiter helfen ihnen zum Beispiel bei der Wohnungssuche oder dabei, einen Schulabschluss oder Ausbildungsplatz zu erhalten. Das Ziel ist, sie durch Beschäftigung und Beratung in verschiedenen Bereichen an den Arbeitsmarkt heranzuführen.

Maximal 15 Programmplätze sind verfügbar. Zurzeit sind es aber nur 14 Jugendliche. "Ein Platz wäre noch frei", sagt Konrad. Pro Tag nehmen dann bis zu zehn Jugendliche an dem Programm teil. Und da stehen jede Woche verschiedene Punkte auf dem Plan. Regelmäßig am Montag und Dienstag ist das Hundeausführen dran. Und das bringt laut der Projektbetreuerin beiden Seiten etwas: "Die Tierheimmitarbeiter sind erleichtert, dass die Hunde rauskommen, die Tiere freuen sich und für uns ist es ein Programmbeitrag." Die drei Mädchen stimmen ihr zu, die Besuche im Tierheim Straubing machen ihnen immer Spaß. "Nicht nur den Hunden tut es gut, mal rauszukommen, auch uns schadet das nicht", findet Sandra. Auch Sabrina ist dieser Meinung und verrät uns gleich, wer ihr Lieblingshund ist: "Boomer, der ist nämlich weder zu groß, noch zu klein und total brav."

Eine zweite Chance bekommen

So wie die Jugendlichen, die an dem Programm teilnehmen, haben und hatten es auch die Tierheimhunde nicht immer einfach. Manche kommen aus einem liebevollen Zuhause ins Tierheim, weil zum Beispiel ihr Besitzer ins Altenheim musste. Viele stammen aber auch aus unzumutbaren Verhältnissen, ausländischen Hundelagern oder werden ausgesetzt. Das hinterlässt oft körperliche und seelische Narben und nicht alle Menschen sind bereit, einem Tier mit dieser Vergangenheit eine Chance zu geben. "Dabei bekommt man von den Hunden alles an Liebe wieder zurück." Vielleicht ist das Projekt deswegen so erfolgreich. Katrin Konrad zumindest hat die Erfahrung gemacht, dass sie über die Tiere leichter an die Jugendlichen herankommt. "Es ist einfacher mit den Tieren eine Verbindung zu den Jungs und Mädchen aufzunehmen, als wenn man ihnen mit Klemmbrett und Kugelschreiber an einem Tisch gegenübersitzt."

Übrigens: Jeder Interessierte kann mit einem Tierheimhund Gassi gehen. Dazu muss man nur ehrenamtlicher Mitarbeiter werden und schon kann's losgehen. Allerdings sollten die Hunde am besten vormittags ausgeführt werden. Denn nachmittags kommen Besucher, die eventuell an einem neuen Haustier interessiert sind. Und da sollten die Hunde ihre Chance auf ein neues Zuhause nutzen können. Genau wie die jugendlichen Teilnehmer bei "Second Chance" ihre zweite Chance bekommen.