Gericht

Ein guter Mensch in Deutschland, in Tschechien ein Straftäter?


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Von Regine Hölzel

Natürlich gibt es sie, die guten Menschen. Sie stellen sich selbstlos und hilfsbereit in den Dienst ihrer Nächsten. Ob Martin G. zu dieser Sorte gehört, ist allerdings fraglich.

Der 35-jährige Staplerfahrer muss sich seit gestern wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vor der sechsten Strafkammer des Landgerichts verantworten. Zwar räumte G. zu Prozessbeginn ein, einer von Dingolfing aus agierenden Drogenbande insgesamt rund fünf Kilogramm Marihuana vermittelt zu haben. Verdient will er daran aber nicht haben. Er habe nur seinem Freund in Tschechien helfen wollen, der finanzielle Probleme gehabt habe.

Der Prozess gegen Martin G. ist der zweite in einer Reihe von Verfahren, die derzeit das Landgericht beschäftigen. Zum Auftakt vor zwei Wochen hatte die erste Strafkammer einen 24-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt, der als Zwischenhändler das Marihuana für die Köpfe der Bande im Raum Dingolfing verteilt hatte.

Der von Staatsanwalt Thomas Rauscher vertretenen Anklage zufolge war Martin G. der Kontaktmann zwischen den Köpfen in Dingolfing und dem Lieferanten in Tschechien. Insgesamt 17 Mal war der 35-jährige Slowake zwischen Oktober 2014 und Februar 2015 nach Tschechien gefahren, um Marihuana zu beschaffen.

Er traf sich mit seinem in Prag lebenden Freund in Ortschaften nahe der Grenze, um das Rauschgift in Empfang zu nehmen. Dann übergab er es diversen Boten der Gruppierung an anderer Stelle. Er habe in Deutschland keine Straftat begehen wollen, lautete seine Begründung gestern. Und: Er sei auch heute noch der Meinung, dass er nach deutschem Gesetz nichts Unrechtmäßiges getan habe.

Die Bande, die G. über einen Arbeitskollegen bei einem großen Automobilhersteller kennengelernt hatte, bezahlten für das Gramm immer vier Euro. Er habe für seine Dienste stets nur Spritgeld und ein paar Joints bekommen, sagte G. "Ich wollte kein Geld. Ich bin kein Drogendealer."

Der Prozess wird am 12. Februar fortgesetzt. Das Verfahren gegen die Köpfe der Bande soll voraussichtlich am 18. Februar vor der ersten Strafkammer beginnen.