[Frei]stunde!

Fahren, bis es staubt


Ethan legt sich ordentlich in die Kurve. (Fotos: Christine Vinzon)

Ethan legt sich ordentlich in die Kurve. (Fotos: Christine Vinzon)

Von Redaktion idowa

Roter Staub wirbelt auf, das Motorrad liegt schräg, das Vorderrad zum Gegenlenken verdreht, ein Fuß schleift auf der Bahn: Rasant nimmt Daniel Spiller die Kurve auf der Speedwaybahn. Er war 2011 Vize-Europameister auf der 125er, Deutscher Meister und Süddeutscher Vizemeister auf der 250er, und am Wochenende bei der Jugend-WM in Pilsen ist er Zehnter geworden. Er ist 14 Jahre alt. Und er fährt nicht allein: Sein elfjähriger Bruder Ethan ist auch schon ein ziemlich erfolgreicher Speedwayfahrer: Vergangenes Jahr erreichte er den fünften Platz bei der Deutschen Meisterschaft und den zweiten Platz bei der Süddeutschen Meisterschaft.

Die beiden sind anscheinend Naturtalente: 2005 hat Daniel ein Schnuppertraining beim Automobilclub Landshut (ACL) gemacht und wurde gleich angesprochen: Er habe Talent, ob er nicht dabeibleiben wolle. Seit 2006 fährt er regelmäßig Rennen. Sein jüngerer Bruder fand ebenfalls Gefallen an dem Sport. Er fährt seit 2007 Rennen. Beide haben seitdem etliche Meisterschaften gewonnen. Fragt man sie, was ihnen an dem Sport so gut gefällt, antwortet Ethan schon abgeklärt: "Man bekommt jedes Mal einen Adrenalinkick. Man versucht immer, noch besser zu werden."

Guter Start ist wichtig

Er trainiert an diesem Tag vor allem die Starts. Ein guter Start ist die halbe Miete. Denn selbst ein guter und schneller Fahrer kommt manchmal einfach nicht an den anderen vorbei, wenn er von Anfang an zu weit hinten liegt. Daniel sagt, es ist das

Training auf Speed, das ihn so fasziniert. Angst jedenfalls, da sind sich beide einig, darf man nicht haben. "Sonst macht man Fehler", sagt Daniel, "und dann kann etwas Schlimmes passieren."

Auf dem Motorrad muss man sich konzentrieren; mit schnellem Fahren ist es nicht getan. Der Sport ist eine Herausforderung und viele Faktoren kommen zusammen: die Maschine, die eigene Kondition, die Bahn. Und manchmal passt es nicht, so wie eben beim Training, als es Daniel in einer Kurve schmeißt. Er bleibt liegen, seine Eltern eilen ans andere Ende der Bahn, der Krankenwagen, der beim Training dabei ist, kommt und nimmt Daniel mit. Danach sagt seine Mutter Kim gelassen: "Nur ausgerutscht." Und tatsächlich steigt Daniel 20 Minuten später, als seine Maschine repariert ist, wieder auf und fährt weiter. Für ihn ist so etwas selten: Seit er fährt, seit 2005, kann man die Stürze an einer Hand abzählen, sagt seine Mutter.

Geschützt hat ihn wohl auch eine Airbag-Jacke. Darin befindet sich eine Kartusche, die bei einem Sturz die Jacke aufbläst - wie ein Airbag eben. Ausgelöst wird der Mechanismus durch einen Zug: Die Jacke ist über eine Schnur mit dem Motorrad verbunden, bei einem Sturz löst sich die Verbindung.

Eine praktische Sache, aber zumindest unter jungen Fahrern noch nicht weit verbreitet und auch nicht vorgeschrieben, sagt Daniels Mutter. Unbedingt nötig sind allerdings der Anzug, Helm und Handschuhe sowie ein Stahlschuh für den linken Fuß. Mit dem stützt sich der Fahrer in der Kurve auf der Bahn ab. Ohne den Stahlschutz ginge das nicht.

Die Liebe fürs Motorrad liegt in der Familie: Auch die Eltern Kim und Graham fahren - allerdings nicht Speedway. Graham fährt Motocross, erzählt Kim, sie selbst normale Straßenmotorräder. Wer sich nun über die Namen wundert: Die Familie kommt aus England und lebt schon seit zehn Jahren in Deutschland. Die Eltern unterstützen Daniel und Ethan begeistert bei ihrem Sport.

Um eine Speedwaymaschine zu beherrschen und Rennen zu fahren, sind Ausdauer und Kraft nötig. Eine 125er ist etwa 60 Kilogramm schwer, eine 250er wiegt ungefähr 75 Kilo. Dieses Gewicht muss man in der Kurve halten können. Arme und Beine müssen gut trainiert sein, sagt Daniel. Für die Ausdauer unternimmt die Familie zum Beispiel lange Radtouren, erzählt Ethan. Außerdem hat die Familie schon beinahe ein kleines Fitnessstudio zu Hause, sagt Mutter Kim.


Alle zwei Jahre ein neuer Anzug


Speedwayfahren ist nicht gerade günstig. Ein Fahreranzug kostet schon um die Tausend Euro. Und gerade Kinder und Jugendliche wachsen schnell. Einmal kann man sich mit einem Einsatz behelfen, um die Länge auszugleichen, sagt Kim Spiller. Aber alle zwei Jahre muss ein neuer Anzug her. Auch die Maschinen sind teuer - wobei man beim Speedway Fahrgestelle und Motoren einzeln zusammenstellen kann. Weil Daniel und Ethan nicht nur Speedway, sondern auch noch Langbahn und Grasbahn fahren, brauchen sie auch entsprechend unterschiedliche Gestelle. Die beiden haben acht Maschinen zu Hause. Glücklicherweise kennt sich ihr Vater, ein Ingenieur, auch mit Motoren aus und kann viel selbst machen.

Trotzdem geht es kaum ohne Sponsoren. Daniel und Ethan haben schon einige gefunden, die sie unterstützen. Das ist kein Wunder: Beide sind nicht nur erfolgreich, sondern auch ehrgeizig: Ihr Traum ist es, beim Speedway-Grand-Prix zu fahren. Man würde es ihnen zutrauen.

Bei der FIM Speedway Youth Gold Trophy mit der 250er am Wochenende in Pilsen fuhr Daniel auf den zehnten Platz, obwohl er ohne Punkte aus vorherigen Runden startete, andere mit 15 Punkten Vorsprung. Für die Teilnahme muss man 14 Jahre alt sein und das erste Event war zwei Wochen vor seinem 14. Geburtstag. "Er wollte trotzdem mitfahren und allen zeigen, was er kann", sagt seine Mutter. Das hat er geschafft. Jetzt wartet er sehnsüchtig darauf, mit der 500er ins Rennen zu gehen.

von Katrin Filler

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Ethan, 11 (links), mit neuer Ferienfrisur, und sein Bruder Daniel, 14, sind beide begeisterte Speedway-Fahrer.

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Daniel ist nach einem Sturz gleich wieder aufgesiegen und fährt schon wieder ein rasantes Training.