Dingolfing

Jobcenter-Mitarbeiter verprügelt: Gutachter bescheinigt 47-Jährigem eine Psychose


Schuldunfähig oder nicht? Ein 47-Jähriger verprügelte einen Jobcenter-Mitarbeiter in Dingolfing und muss sich nun vor Gericht verantworten.

Schuldunfähig oder nicht? Ein 47-Jähriger verprügelte einen Jobcenter-Mitarbeiter in Dingolfing und muss sich nun vor Gericht verantworten.

Von Monika Müller

Die sechste Strafkammer des Landgerichts muss sich derzeit mit der Frage auseinandersetzen, ob der 47-jährige Deutsch-Nigerianer diverse Übergriffe - wie etwa die Prügelattacke auf einen Mitarbeiter des Jobcenters Dingolfing - im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen hat. Der psychiatrische Gutachter Dr. Bernhard Edlhuber bescheinigte Anthony I. gestern eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis.

Die von Staatsanwalt Johannes Plutz vertretene Anklage legt Anthony I. Hausfriedensbruch, mehrfache Körperverletzung und Beleidigung zur Last. I. soll im Juni 2014 einen Angestellten des Jobcenters Dingolfing zusammengeschlagen, im April 2014 seine Ex-Frau beleidigt und im Dezember 2013 zwei Männer verletzt haben, die ihn am Betreten eines Dingolfinger Gotteshauses hindern wollten, in dem er Hausverbot hatte.

+ + + Mehr zu den Hintergründen lesen Sie hier: Angeklagter streitet Vorwürfe ab. + + +

Anthony I. hatte zu Prozessbeginn erklärt, keine dieser Taten begangen zu haben. Er sieht sich offenkundig als Opfer der Justiz - auch was all die anderen Vorfälle betrifft, die zwar nicht Gegenstand des Verfahrens sind, am Rande aber durchaus Erwähnung fanden wie ein Vorfall 1996, bei dem er auf dem Sozialamt Passau einem Polizisten gebissen hat.

Dem psychiatrischen Sachverständigen Dr. Bernhard Edlhuber vom Bezirkskrankenhaus Mainkofen zufolge empfindet Anthony I. seine Umgebung als "bedrohlich und ungerecht". Ihm gegenüber sei er bei der Begutachtung zunächst misstrauisch und ablehnend gewesen. 2011 habe sich ein erster Schub bei dem 47-Jährigen gezeigt, so Edlhuber. I. habe bereits mehrere stationäre Behandlungen hinter sich; zeitweise sei er unter Betreuung gestanden. Im Jahr 2014 sei I. erstmals von einem Kollegen exploriert worden. Dieser habe unter anderem "völlig zerfahrene Gedankengänge" bei I. wahrgenommen und sei in seinem Gutachten zu der Feststellung gekommen, dass "am ehesten eine paranoide Schizophrenie" zu diagnostizieren sei. Zu diesem Ergebnis kam Edlhuber schließlich auch selbst, wie er gestern sagte. Bei allen drei Taten sei daher von einer erheblich eingeschränkten Steuerungsfähigkeit auszugehen; eine aufgehobene Steuerungsfähigkeit sei nicht auszuschließen. "Schizophrene leben in ihrer eigenen Welt und lassen sich von dieser bestimmen."

"Ungünstige" Prognose

Zur Frage einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus sagte Edlhuber, dass aufgrund des bisherigen Krankheitsverlaufs und der fehlenden Krankheitseinsicht mit weiteren Delikten zu rechnen ist. "Die Prognose ist ungünstig." Allerdings müsse man I. zugute halten, dass er in jüngster Vergangenheit zuverlässig alle vereinbarten Termine zur Medikamenteneinnahme eingehalten habe. Ebenfalls positiv zu werten sei die Tatsache, dass I. ausschließlich unter einer Psychose leide - "eine Persönlichkeitsstörung oder eine Suchterkrankung würden das Ganze noch erschweren".

Der Prozess wird am Montag fortgesetzt. Wie Vorsitzender Richter Ralph Reiter ankündigte, sollen an diesem Verhandlungstag die Schlussvorträge gehalten und auch das Urteil gefällt werden.