Cham

Rosa Exotik im Schilfgürtel: Flamingos erobern den Rötelsee


Von wegen Florida: Am Großen Rötelsee haben sich Flamingos angesiedelt. Das eine Exemplar ist ein Mischling aus Chile- und Kubaflamingo, das andere ein reinrassiger Chileflamingo

Von wegen Florida: Am Großen Rötelsee haben sich Flamingos angesiedelt. Das eine Exemplar ist ein Mischling aus Chile- und Kubaflamingo, das andere ein reinrassiger Chileflamingo

Dem jungen Flamingo scheint es am Rötelsee zu gefallen. So gut sogar, dass er in dem Naturschutzgebiet vor den Toren Chams den Winter verbrachte. "Die Altvögel haben versucht, ihn mitzunehmen, aber er wollte nicht", konnte Peter Zach, ornithologischer Gebietsbetreuer in der Regentalaue, beobachten. Doch weit kamen auch die Eltern nicht, gerade bis nach Oberbayern. Sie haben am Forggensee bei Füssen - also im Schatten von Neuschwanstein - überwintert. Im Mai rechnet Zach aber fest mit der Rückkehr der beiden Vögel an den Rötelsee.

Die meisten Tiere sind "Zooflüchter"

Als große Sensation will Zach die kleine Flamingopopulation im Bayerwald gar nicht werten. "Flamingos gibt es seit mehr als 30 Jahren in Deutschland", stellt er nüchtern fest, "die meisten sind Zooflüchter." Seit 2011 leben die rosa Vögel auch am Rötelsee. Etwas Besonderes war allerdings die Jungenaufzucht im vergangenen Jahr. "Es war die erste erfolgreiche Brut von wilden Flamingos in Bayern", ist Zach doch ein wenig stolz auf die Neuzugänge in seinem Naturschutzgebiet. Der Rötelsee ist aber auch ideal für die Stelzenvögel: Am Ufer gibt es einen breiten Schilfgürtel, das Wasser ist seicht und damit perfekt zum Herumwaten und Fischen. Gerade Kleinkrebse sind die bevorzugte Nahrung der Flamingos. Die Krabbler liefern die nötigen Carotinoide. Hinter dem Fachbegriff steckt der rote Farbstoff, der ins Federkleid wandert und es färbt. Sogar die von Flamingos bevorzugten Nachbarn sind am See reich vorhanden: Möwen. "Die Vögel brüten gerne im Schutz einer Lachmöwenpopulation, weil die Möwen sehr sensibel sind und sofort vor Fressfeinden warnen", weiß Zach.

Minus 15 Grad? Für Flamingos kein Problem

Schon 2014 hatte sich das Flamingopaar mit dem Brüten versucht. Damals noch vergeblich, da ein Fuchs das Gelege zerstörte. Im Vorjahr hatten die Beiden Erfolg. Ein Jungvogel im unscheinbaren grauen Federkleid stelzt seitdem durch das Naturschutzgebiet. Trotz seiner Jugend ist der Nachwuchs extrem unerschrocken: Er blieb, als seine Eltern im Herbst das Weite suchten. Stattdessen schloss er sich den Graugänsen an. Rein optisch passt er gut zu den Watschlern. Und auch von der Nahrung ähneln sich die Arten. "Im Winter haben sie vor allem Insekten und Sämereien gefressen", weiß der Fachmann. Der milde Winter war dabei natürlich ein Glücksfall. Der Rötelsee war nur kurze Zeit zugefroren und die Tage, an denen Schnee die Wiesen zudeckte, waren an einer Hand abzuzählen. Kälte an sich macht den rosa Tierchen hingegen nichts aus. Zach: "Minus 15 Grad halten sie locker aus." Entsprechend sind auch die Altvögel gar nicht weit geflogen. Nur ins ebenso kalte Oberbayern - erst an einen Stausee bei Landshut, dann an den Chiemsee und schließlich an den Forggensee. Warum Zach das so sicher weiß? Der Ornithologe lacht: "Einer der Altvögel hat eine ganz charakteristische Gefiederzeichung. Er ist ein Mischling aus Chile- und Kubaflamingo." Als er Bilder von den Neuankömmlingen in Oberbayern sah, wusste Zach damit sofort, dass es sich um das Pärchen vom Rötelsee handelt. Spätestens im Mai glaubt Zach fest, dass das Duo wieder heimkommt. Und mit ihm vielleicht weitere Vögel. Die Flamingosiedlung am Rötelsee bleibt nach Zachs Überzeugung auf Dauer bestehen. "Das hat auch gar nichts mit der Klimaerwärmung zu tun", stellt er fest, "die Tiere passen sich einfach an."