Berlin

Bundeskabinett will Anti-Terror-Einsatz in Syrien beschließen


Eine große Mehrheit der Bundesbürger befürchtet eine wachsende Anschlagsgefahr in Deutschland durch die Beteiligung der Bundeswehr am Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

Eine große Mehrheit der Bundesbürger befürchtet eine wachsende Anschlagsgefahr in Deutschland durch die Beteiligung der Bundeswehr am Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

Von Katharina Binder

Mit bis zu 1.200 Soldaten will die Bundesregierung Frankreich im internationalen Kampf gegen den IS zur Seite stehen. Die Deutschen befürchten deshalb Anschläge, sind aber mehrheitlich für den Einsatz.

Eine große Mehrheit der Bundesbürger befürchtet eine wachsende Anschlagsgefahr in Deutschland durch die Beteiligung der Bundeswehr am Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur rechnen 71 Prozent mit einer größeren Bedrohung, nur 18 Prozent glauben nicht daran. Am Dienstag entscheidet das Bundeskabinett über die Beteiligung mehrerer deutscher "Tornado"-Aufklärungsflugzeuge, eines Tankflugzeugs und eines Kriegsschiffs am Kampf gegen den IS in Syrien und im Irak.

Das geplante Engagement der Bundeswehr ist eine Antwort Deutschlands auf die Terroranschläge von Paris vor gut zwei Wochen. Der Einsatz soll - wie bei den Mandaten für Auslandseinsätze üblich - zunächst auf ein Jahr befristet sein und 134 Millionen Euro kosten. Nach einem Kabinettsbeschluss muss noch der Bundestag zustimmen.

In der Bevölkerung ist der Rückhalt für die Mission mit bis zu 1.200 deutschen Soldaten trotz der Angst vor Anschlägen relativ hoch. 45 Prozent der Befragten sind dafür, 39 Prozent dagegen.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier verteidigte die Entsendung deutscher Tornados und Tankflugzeuge nach Syrien und mahnte zugleich einen "langen Atem" zur Lösung des Konfliktes an. "Wir tun das, was militärisch gebraucht wird, wir am besten können und politisch verantworten können", sagte er der "Bild"-Zeitung (Dienstag). "Aber es bleibt meine Überzeugung: Mit Bomben und Raketen allein ist Terror nicht zu besiegen, das geht letztlich nur politisch." Daher müssten alle entscheidenden internationalen Akteure an den Verhandlungstisch gebracht haben.

Der Chef der Innenministerkonferenz, der rheinland-pfälzische Ressortchef Roger Lewentz (SPD), sieht durch den bevorstehenden Einsatz der Bundeswehr keinen Einfluss auf die Anschlagsgefahr in Deutschland. "Die Bedrohungslage ist hier spätestens seit den jüngsten Attentaten bei unserem Nachbarn Frankreich längst da", sagte er der dpa. "Der IS will nicht Staaten, sondern ein Wertesystem angreifen. Da gehören wir dazu."

Nach Überlegungen in der Regierungskoalition könnte die Bundeswehr mittelfristig auch mit syrischen Truppen zusammenarbeiten. Eine Kooperation mit Truppen unter dem Kommando von Baschar al-Assad schließt die Bundesregierung aber aus. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bekräftigte am Montagabend in Hannover: "Eine Zukunft mit Assad wird es nicht geben."

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU), sagte der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag): "Der IS-Terrorismus darf nicht mit dem syrischen Staatsterrorismus bekämpft werden. Das würde uns jede Glaubwürdigkeit nehmen."

Die Linke lehnt den Militäreinsatz kategorisch ab. "Das ist ein klarer Tabubruch und unverantwortlich, denn damit wächst auch hierzulande die Terrorgefahr", sagte Parteichef Bernd Riexinger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte eine "politische Gesamtstrategie". "Ein unkoordinierter Militäreinsatz birgt die Gefahr, dass sich die Situation zwischen den vielen Fronten sogar verschlechtert."

Eine US-geführte Koalition fliegt seit mehr als einem Jahr Luftangriffe gegen die Dschihadisten. Auch Russland fliegt Luftschläge in Syrien. Das britische Parlament entscheidet voraussichtlich am Mittwochabend über Regierungspläne, die Luftschläge gegen den IS im Irak auf Syrien auszudehnen.