Bayern

Kirchenasyl als letzte Rettung vor der Abschiebung


Afrikanische Flüchtlinge haben am 07.10.2013 in der St. Pauli Kirche in Hamburg ihre Schlafplätze auf dem Kirchenboden vorbereitet. In Bayern ist die Zahl der Fälle von Kirchenasyl deutlich weniger stark gestiegen als die Flüchtlingszahlen.

Afrikanische Flüchtlinge haben am 07.10.2013 in der St. Pauli Kirche in Hamburg ihre Schlafplätze auf dem Kirchenboden vorbereitet. In Bayern ist die Zahl der Fälle von Kirchenasyl deutlich weniger stark gestiegen als die Flüchtlingszahlen.

Von Monika Müller

Letzter Ausweg Kirchenasyl: Flüchtlinge, denen die Abschiebung droht, können Zuflucht bei der Kirche finden. Gab es im Vorjahr deshalb noch Konflikte zwischen den großen Kirchen und der Politik, so hat man inzwischen eine Lösung gefunden.

Derzeit gewähren katholische und evangelische Gemeinden in Bayern etwa 100 Flüchtlingen Schutz vor einer drohenden Abschiebung. Im Vorjahr gab es im Freistaat nur einen leichten Anstieg der Fälle von Kirchenasyl - und das trotz des großen Flüchtlingszustroms. Laut Stephan Theo Reichel, Koordinator für Kirchenasyl-Fragen in der evangelischen Landeskirche, liegt das daran, dass viele strittige Asylfälle schon im Vorfeld geklärt werden können: "Ich denke, dass wir durch unsere Arbeit das Thema Kirchenasyl besser im Griff haben und bessere Strategien gefunden haben, um das Kirchenasyl zu vermeiden und wirklich nur als letztes Mittel zu nutzen."

310 Menschen bekamen 2015 in Bayern Kirchenasyl, im Jahr zuvor waren es 250 gewesen. Ungleich stärker sind die Flüchtlingszahlen gestiegen: 2014 kamen laut Sozialministerium rund 36.500 Asylsuchende in den Freistaat, im Jahr darauf waren es knapp 160.000.

Wenn Flüchtlinge in den Räumen einer Gemeinde oder eines Klosters leben, so sind sie sicher vor der Abschiebung, bis die Frist dafür verstrichen ist. Diese Praxis hatte vor etwa einem Jahr den Unmut von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ausgelöst, als er vor einem Missbrauch des Kirchenasyls gewarnt hatte. Die Kirchen hingegen argumentieren, es handle sich um echte Härtefälle - den betroffenen Menschen würden nach einer Abschiebung Haft, Folter oder gar der Tod drohen.

Reichel und seine Mitstreiter auf katholischer Seite haben 2015 alle Fälle von Kirchenasyl erfolgreich abschließen können, wie er betonte: Das heißt, den betroffenen Flüchtlingen konnte in Deutschland geholfen werden. Der Koordinator setzt dabei auf die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) - und nicht auf Konfrontation: "Wir haben immer wieder deutlich gemacht: Wir arbeiten nicht gegen den Staat, sondern wir wollen mit ihm zusammenarbeiten und ihn unterstützen."

Nach den Streitigkeiten im Vorjahr hatten sich die Bundesbehörde und die Kirchen im Dezember auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt: Die Kirchen dürfen demnach Einzelfälle dem BAMF erneut zur Prüfung vorlegen. Eine Testphase habe sich bewährt, hieß es damals, deshalb wolle man an dieser Praxis festhalten. Auch Reichel betonte: "Die Zusammenarbeit mit dem BAMF läuft sehr, sehr gut."

Keinesfalls geschwunden ist nach Reichels Einschätzung die Bereitschaft von Gemeinden, Kirchenasyl zu gewähren. Das Engagement sei nach wie vor sehr hoch. Die Flüchtlingshilfe im Freistaat sei sehr stark über die Kirchen organisiert. Anfragen zum Kirchenasyl kämen aus den Helferkreisen direkt, "es gibt eine persönliche Beziehung zu den Helfern. Es geht um den konkreten Einzelfall", sagte Reichel.

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