Auslastung bis zu 100 Prozent

In Deutschlands Gefängnissen wird der Platz knapp


Von Redaktion idowa

In den deutschen Haftanstalten drängen sich immer mehr Gefangene. In etlichen Bundesländern gibt es kaum noch freie Plätze - besonders angespannt ist die Lage in Baden-Württemberg. Aber auch in Bayern sieht es stellenweise nicht viel besser aus.

In Deutschlands Gefängnissen wird der Platz knapp - vor allem im Südwesten. In Baden-Württemberg sind die Haftanstalten derzeit zu 100 Prozent ausgelastet, wie das Landesjustizministerium am Mittwoch auf Anfrage mitteilte.

Eine Umfrage der Zeitungen der Funke-Mediengruppe ergab zudem, dass die Gefängnisse in Bayern, Rheinland-Pfalz, Berlin, Bremen, Hamburg und Rheinland-Pfalz im vergangenen Jahr durchschnittlich zu mehr als 90 Prozent ausgelastet waren. Fachleute sprechen dem Bericht zufolge schon bei einer Auslastung von 85 bis 90 Prozent von Vollbelegung.

JVA Straubing nahezu zu 100 Prozent ausgelastet

Auch die Justizvollzugsanstalt Straubing, für etwa 820 Insassen ausgestattet, ist laut Anstaltsleiter Hans Amannsberger "zu gut 100 Prozent ausgelastet". Laut Amannsberger hat dies in Straubing aktuell aber vor allem zwei Gründe: wegen einer Baumaßnahme in der JVA können derzeit rund 50 Zellen nicht belegt werden, zum anderen nimmt man immer wieder Insassen von der deutlich kleineren und völlig überlasteten Straubinger Zweigstelle der JVA Passau auf. Dort hat man insbesondere mit der Grenzkriminalität zu kämpfen. In puncto Personalstärke sieht Hans Amannsberger die JVA Straubing zwar an sich "ausreichend aufgestellt", räumt aber ein, dass "insbesondere die neuen Herausforderungen Salafismus und Islamismus eine größere Personalstärke notwendig machen würden".

Christian Gessenharter, der Leiter der JVA in Regensburg, gibt schriftlich gegenüber idowa an, dass die Auslaustungszahlen vor Ort derzeit für die Anstalt nicht repräsentativ seien - und führt deshalb keine Werte an. Er begründet dies mit den Baumaßnahmen, die auch in Regensburg derzeit durchgeführt würden. In Regensburg habe man aufgrund von Sanierungsmaßnahmen des Altbaus seit circa November 2016 Haftplatzzahlen abbauen müssen - von zuvor circa 170 auf 112 Gefangene. Nach der gegenwärtigen Sanierung komme dann der Mittel- und Nordbau dran. Zur personellen Ausstattung äußert er sich schriftlich nicht.

"Arbeit im Strafvollzug muss attraktiver gemacht werden"

Der Vorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands, René Müller, sieht mehrere Gründe für die hohe Auslastung in manchen Anstalten. Es gebe zu wenig Gefängnisse, bei den bestehenden gebe es außerdem Sanierungsbedarf, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Den Investitionsbedarf schätzt Müller bundesweit auf einen ein- bis zweistelligen Milliardenbereich. Auch der starke Zuzug von Flüchtlingen mache sich in den Gefängnissen bemerkbar. Mit den Geflüchteten sei naturgemäß auch ein gewisser Anteil an Kriminellen nach Deutschland gekommen, sagte Müller.

Müller machte zudem einen Personalmangel in den Gefängnissen aus. Politiker müssten die Arbeit im Strafvollzug attraktiver machen, damit sich neu geschaffene Stellen überhaupt besetzen ließen. Die Unterbesetzung belaste seine Kollegen. "Wenn ein Insasse mich angreift, sind meine Kollegen meine Lebensversicherung", sagte der Gewerkschafter. Wenn es aber zu wenig Kollegen gebe, führe das zu psychischem Stress, der wiederum zu vermehrten Krankmeldungen führe.

Es bestehe Handlungsbedarf, sagte Baden-Württembergs Justizminister Guido Wolf (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. Seit Ende 2015 sei die Zahl der Gefangenen sprunghaft angestiegen. Die Landesregierungen in Baden-Württemberg und Sachsen planen angesichts der hohen Auslastung nach eigenen Angaben, alte Haftanstalten länger zu betreiben und neue Gefängnisse zu bauen. In Sachsen waren Ende März laut Landesjustizministerium fast 97,5 Prozent der Gefängnisplätze belegt.