Auslandstagebuch

Ein Leben im Iglu? Lisa Menacher aus Parkstetten lebt für elf Monate in Dänemark


Lisa Menacher in Grönland.

Lisa Menacher in Grönland.

Von Lisa Menacher

In wenigen Tagen beginnt für mich und für sechs weitere Jugendliche aus Deutschland eine große Reise. Wir werden zum ersten Mal einen Fuß in unser Gastland setzen. Vor rund einem halben Jahr wählten wir Dänemark aus einer Liste mit rund 50 weiteren Ländern aus, um dort für ein Jahr bei einer Gastfamilie zu leben.

Um euch auf dem Laufenden zu halten, wird Lisa regelmäßig Tagebuch führen und von ihren Erlebnissen berichten.

Eintrag 14: Lisas Fazit zur ihrem Jahr in Grönland

Ein Leben im Ausland, noch dazu bei einer fremden Familie - ein komischer Gedanke. Das dachte ich auf jeden Fall vor fast zwei Jahren, als ich mich für ein Auslandsschuljahr beworben hatte. Ein Jahr später, im August 2015, kam mir der Gedanke zwar immer noch etwas merkwürdig vor, aber nicht mehr fremd. Es war nämlich so weit: Meine Eltern fuhren mich zum Frankfurter Flughafen und ein paar Tage später kam ich, nach vielen Stunden Verspätung, todmüde in Nuuk an.

Zugegeben: Der Anfang war schwer, denn ich konnte weder Dänisch, noch kannte ich irgendjemanden in der 16 000-Einwohner-Stadt. Doch schon nach ein paar Wochen änderte sich das alles, denn ich konnte die ersten dänischen Worte verstehen und lernte meinen jetzt besten Freund, Anthon, kennen. In den folgenden elf Monaten wurde Nuuk zu meinem Zuhause.

Nun ist das Jahr in Grönland längst zu Ende und der Rückflug brachte gemischte Gefühle mit sich. Zum einen wollte ich natürlich meine Familie und Freunde wiedersehen und zurück in mein gewohntes Umfeld kommen. Der Abschied von Grönland fiel mir aber auch sehr schwer. Ich vermisse neben meinen Freunden und meiner Gastfamilie vor allem die wunderschöne Landschaft. Jeden Tag ans Meer zu gehen und dort einfach nur stundenlang mit Freunden zu sitzen oder in den Bergen die komplette Stille zu genießen, fehlt mir. Rückblickend hat mir dieses Jahr viel gebracht. Ich durfte neue Kulturen und Sprachen kennenlernen, viele Menschen treffen und Erfahrungen sammeln, die ich wohl in Deutschland nicht gemacht hätte. Doch jetzt geht mein Abenteuer erst einmal in Deutschland weiter, zumindest vorläufig. Grönland ist zu einem wichtigen Teil meines Lebens geworden. Hoffentlich werde ich noch das ein oder andere Mal mit Grönland zu tun haben - egal ob beruflich oder privat.

Eintrag 13: 10. Juni 2016 - Fünf Tage in Århus

Mein Auslandsjahr neigt sich dem Ende zu, doch bevor ich zurück nach Deutschland fliege, durfte ich noch für fünf Tage nach Århus, Dänemarks zweitgrößter Stadt. Denn dort fand das Abschlusscamp meiner Austauschorganisation, AFS (American Field Service), statt. Zum ersten Mal seit zehn Monaten sah ich alle Austauschschüler wieder. Wir wurden während dieses Wochenendes von freiwilligen Betreuern auf die Heimreise vorbereitet. Denn nach fast einem Jahr in einem anderen Land ist es schwer, wieder nach Hause zu kommen. Denn, auch wenn es vielleicht etwas komisch klingt, man gewöhnt sich sehr schnell an das Gastland und dessen Kultur.

Außerdem fand zur selben Zeit auch eine Art Festival in Århus statt. Die ganze Stadt wurde mit den verschiedensten Flaggen dekoriert und überall wurde Essen, Kunst und vieles mehr aus allen möglichen Ländern angeboten. "Verdensbilleder" hieß dieses Event, das bedeutet Weltbilder. AFS hatte dort einen kleinen Stand, an dem nach neuen Gastfamilien und Austauschschülern gesucht wurde. Deswegen habe ich einen großen Teil des Tages damit verbracht, auf Fragen zu antworten und von meinen Erlebnissen als Austauschschülerin in Grönland zu erzählen. Später am Abend, als nach und nach auch die anderen Austauschschüler aus Dänemark ankamen, nahmen wir noch an einer Parade teil. Jedes Land hatte ein Schild und ein paar Flaggen und so gingen wir durch die Straßen von Århus. Natürlich haben auch noch andere Vereine und Organisationen teilgenommen, aber AFS war mit fast 200 Gastschülern und Betreuen bei weitem am buntesten und lautesten. Viele verschiedene Kulturen auf einem Fleck - das macht ein Auslandsjahr besonders. Denn ich habe nicht nur mehr über Grönlands und Dänemarks Kultur gelernt, sondern auch von den anderen Austauschschülern viel über deren Heimat erfahren.

Eintrag 12: 31. Mai 2016 - Der letzte Schultag

Mein Auslandsjahr geht langsam zu Ende. Schon in einem Monat werde ich wieder nach Hause fliegen. Vor etwa zwei Wochen hatten wir unseren letzten Schultag, ab jetzt stehen nur noch mündliche und schriftliche Prüfungen an. Anders als in Deutschland haben wir nämlich keine Schulaufgaben, sondern nur Examen am Ende jedes Semesters. Auch nicht in jedem Fach. Außerdem können wir uns die Prüfungsfächer nicht selber aussuchen, sondern sie werden zufällig zugeteilt. Ich muss beispielsweise nur zum schriftlichen Dänisch-Examen und zur mündlichen Musik- und Mathematik-Prüfung.

Ansonsten ist es in Nuuk wieder kälter geworden. Es ist sogar etwas Schnee liegen geblieben. Das Wetter wecheselt immer wieder von warm zu kalt und von Sonnenschein zu Regen. Aber an den schönen Tagen gibt es nichts Besseres, als draußen am Meer zu sitzen und mit Freunden Zeit zu verbringen. Auch wenn das Meer bitter kalt ist, springen viele hinein und kühlen sich ab. Meine Gastschwester versucht mich immer noch dazu zu überreden, es einmal aus zu probieren. Aber ich glaube nicht, dass das noch was wird. Denn obwohl es meistens Plusgrade hat, sind im Meer immer noch Eisberge und auch auf dem Berg Sermitsiaq, Nuuks Wahrzeichen, liegt noch immer Schnee. Bei dem Namen ist das auch nicht verwunderlich, da Sermitsiaq übersetzt so viel bedeutet wie "eine Stelle mit Eis".

Eintrag 11: 16. Mai 2016 - Die GUX-Movie-Awards 2016

Schon seit Anfang des Jahres haben die Schüler aus dem zweiten und dritten Jahrgang an Kurzfilmen gearbeitet. In kleinen Gruppen sollten sie diese im Rahmen des Filmfaches "Mediafag" produzieren. Einvorgeschriebenes Thema gab es nicht, von Horror bis zur Drogenabhängigkeit war fast alles zu sehen. Auf jeden Fall war es viel Arbeit, neben den normalen Hausaufgaben einen circa fünf Minuten langen Film zu drehen. Die Geschichte schreiben, einen geeigneten Drehplatz finden und Schauspieler suchen - das und noch vieles mehr mussten die Schüler schaffen.

Anfang Mai wurden diese Kurzfilme dann in Nuuks Kino, Katuaq, gezeigt. Der ganze Saal wurde für die Schule resaviert. Alle 14 Kurzfilme von vier verschiedenen Klassen wurden zum ersten mal gezeigt. Auch wenn die Filme nicht immer perfekt waren, war die Stimmung im Kinosaal ausgelassen.

Am Abend wurde dann die viele Arbeit belohnt. Denn bei der "Oscar-Party" wurden der beste Schnitt, der und die beste Schauspieler/in, die beste Idee und der beste Filme ausgezeichnet. Außerdem durften die Schüler und Lehrer, nachdem sie zuvor alle Filme im Kino gesehen haben, für einen Publikumspreis stimmen. Die restlichen Preise wurden von einer kleinen Jury vergeben. Ganz im Stile der Academy Awards wurde auch am GUX Nuuk ein roter Teppich ausgerollt. Die Trophäen waren jedoch keine kleinen goldenen Stauen, sondern aus Ton und von den Kunstschülern handgemacht. Trotzdem war die Preisverleihung festlich und ein schönes Erlebnis.

Eintrag 10: 12. März 2016 - Die Arctic Winter Games

"Join - Feel - Jump" - Unter diesem Motto stehen die Arctic Winter Games 2016 in Nuuk. Menschen aus Kanada, Finnland, Alaska und sogar Russland reisten in den vergangenen Tagen an, um sich in den verschiedensten und verrücktesten Disziplinen zu beweisen. Doch im Vordergrund steht nicht zu gewinnen, viel wichtiger ist es, die verschiedenen Kulturen kennen zu lernen, die hier aufeinander treffen. Und nebenbei konnte ich neue Menschen kennenlernen.

Die sonst so stille Stadt Nuuk wirkt nun viel bewegter und bunter als sonst. Überall sind Menschen, besonders viele in hellgrünen Jacken. Denn fast die ganze Stadt hilft freiwillige mit. Egal, ob es um das Catering, die Gadrobe oder um die verschiedenen Sportarten geht - freiwillige Helfer sind in grünen Uniformen unterwegs. An meiner Schule sind sogar extra wegen den Arctic Winter Games Ferien, es wird jedoch auch erwartet, das Schüler helfen. Diese Hilfsbereitschaft und der Zusammenhalt sind etwas ganz Besonderes an Grönland. Neben den verschiedenen Sportarten wie zum Beispiel Fußball, Alpin Ski oder Eishocky gibt es auch noch verrücktere Disziplinen wie "One/Two-Foot High Kick" oder den "Dene Games". Das sind "Inuit Games". Bei "One/Two-Foot High Kick" geht es beispielsweise darum, einen Ball, der an einer Schnur befestigt ist, durch hohes Springen zu kicken. Die meisten Inuit Games sehen sehr einfach aus, sind aber sehr anstrengend, wenn man sie selbst ausprobiert.

Ein weiterer Teil der Arctic Winter Games sind die verschiedenen kulturellen Angebote wie die Eröffnungs- und Schlusszeremonie, einer Gala bei der alle teilnehmenden Länder etwas aus ihrer Heimat zeigen oder einer Kunstaustellung. Wie schon erwähnt sind die Arctic Winter Games auch immer eine Möglichkeit, neue Freunde zu finden. Um ins Gespräch zu kommen, sind die Pins, welches jedes Land mitbringt, eine gute Idee. Denn diese Anstecker werden die ganze Woche lang getauscht und verschenkt. Viele Teilnehmer und Freiwillige sind im Sammelfieber, eine Grönländerin hat sogar schon über 1 000 dieser Pins gesammelt.

An sich sind die Arctic Winter Games eine ganz normale Sportveranstaltung, doch trotzdem war es ein wirklich besondere Woche. Der diesjährige Themesong von der grönländischen Band "Small Time Giants" heißt nicht umsonst "We Are The Arctic". Die Menschen die in den vergangenen Tagen in Nuuk zusammen gekommen sind, haben eine Art Verbindung zu einander, obwohl sich die meisten zuvor noch nie gesehen haben. Die Idee der Gründer Walter J. Hickel (Governor von Alaska), Stuart M. Hodgson (Commissioner der Northwest Territories) und James Smith (Commissioner von Yukon), nämlich die arktische Gemeinschaft, geht seit dem Gründungsjahr 1969 auf und das macht die Arctic Winter Games zu etwas Besonderem.

Ich bin auf jeden Fall schon gespannt auf die nächsten Spiele in 2018, welche in den Northwest Territories, Kanada stattfinden werden.

Eintrag 9: 28. Februar 2016 - Das Arsfest oder New York bei Nacht

Vor kurzem feierten wir an der Schule endlich das lang ersehnte Arsfest, was übersetzt Jahresfest heißt. Dabei handelt es sich um eine Art Mini-Gala: Es wird zusammen gegessen, geredet und natürlich auch getanzt.

Schon Wochen zuvor haben sich alle 22 Klassen des GUX Nuuks darauf vorbereitet. Im Sport Unterricht lernten wir beispielsweise den klassischen Tanz "Les Lanciers" und alle Kunstklassen arbeiteten stundenlang an den verschiedensten Dekorationen für die Tische und Wände. Doch am wahrscheinlich aufwendigsten war der große Hintergrund für das Klassenfoto, welcher auch von Schülern gemalt wurde.

Jedes Jahr gibt es ein Thema für das Arsfest. 2016 fiel die Wahl, welche vom Schülerrat getroffen wird, auf "The Great Gatsby/1920". Alles musste zum diesjährigem Motto passen. Der Hintergrund zeigte deswegen New York bei Nacht und Gatsby zusammen mit Daisy und Myrtle.

Aber nicht nur die sonst eher unspektakuläre Turnhalle sollte gut aussehen, natürlich wollten sich auch die Schüler zurecht machen. Doch dafür gibt es gewisse Regeln, denn für den Abschlussjahrgang soll es ein ganz besonderes Fest werden. Dieser darf als einziges die Farbe Gold tragen. Außerdem darf der Abschlussjahrgang die Tanzfläche eröffnen. Die Schüler des 3. Jahres tanzen jedes Jahr die erste Runde "Les Lanciers". Da für diesen Square Dance jedoch immer acht Menschen, also vier Paare, benötigt werden und an diesem Abend genau ein Paar fehlte, durften mein Galapartner und ich schon beim Einzug in die Turnhalle dabei sein.

Das Arsfest war ein großes Erlebnis, welches ich nicht so schnell vergessen werde.

Eintrag 8: 20. Januar 2016 - Das 2. Semester am GUX Nuuk

Die erste Woche im zweiten Semster meiner Schule in Grönland ging zu Ende. Damit beginnt für mich als Erstklässler meine Studienrichtung. Ich habe die kreative Studienrichtung gewählt. Aus diesem Grund habe ich - anders als in Deutschland - Kunst, Musik, Drama und Medien als Hauptfächer anstatt Chemie und Physik. Ein großer Unterschied ist außerdem, dass wir verschiedene Level in den Fächern haben. Kunst, Musik und Drama sind beispielsweise auf B-Niveau. Das heißt, dass wir diese Fächer drei Jahre lang, also die gesamte Zeit, in der wir das Gymnasium besuchen, haben werden. Außerdem ist der Stoff mittelschwer. A-Niveau ist natürlich noch etwas schwerer, jedoch nicht all zu sehr. Fächer mit C-Niveau hat man nur ein Jahr und sind dementsprechend auch nicht sehr tiefgreifend.

Examen habe ich dieses Jahr nicht mehr. Nur noch kleinere Test und längere Hausarbeiten, welche jedoch auch benotet werden. Im großen und ganzen ist mein Schulalltag also entspannt, doch auch recht lang. In der Regel habe ich frühstens um 14:30 Uhr frei, jedoch auch sehr oft erst um 16:30 Uhr.

An sich sind die langen Tage, an denen ich erst spät frei bekomme, nicht hart, da wir nach jeder Stunde eine kleine zehn Minuten lange Pause haben. Jedoch macht mir die ständige Dunkelheit langsam zu schaffen. Morgens, wenn die Schule anfängt, ist es noch immer dunkel. Und auch, wenn ich aus habe, ist es dunkel. In Deutschland beschweren wir uns oft schon, wenn es nur etwas dunkeler ist oder wenn die Sonne gerade untergeht. Hier ist es jedoch wirklich Nacht.

Ansonsten steht bald das jährliche Årsfest an, übersetzt heißt das so viel wie Jahresfest. Dieses Fest ist die größte und förmlichste Party am Gymnasium, besonders für den Abschlussjahrgang. Getanzt wird anders als bei den anderen Schulpartys - nicht nur zu Pop Musik, sondern auch der traditionellere Tanz "Les Lancier". Vier Paare tanzen zusammen in einem Viereck, zuerst wird der eigene Partner und die Person zur rechten förmlich gegrüßt, dann folgen noch einige weitere einfache Schritte. Insgesamt gibt es fünf Runden welche der Reihe nach getanzt werden. Zuerst tanzt jedoch nur der Abschlussjahrgang, danach tanzen auch die Jahrgänge darunter. In den nächsten Wochen werden alle Klassen noch fleißig üben, damit im Februar jeder Tanzschritt sitzt.

Eintrag 7: 26. Dezember 2015 - Das Weihnachtsfest in Grönland

Weihnachten wird in fast jedem Land anders gefeiert, auch hier in Grönland ist einiges anders als in Deutschland. Der erste Unterschied, für mich, war natürlich nicht wie üblich mit meiner "echten" Familie zu feiern, sondern am anderen Ende der Welt zu sein. Obwohl das etwas seltsam war, heißt das nicht, dass es kein schönes Weihnachtsfest war!

Am 23 Dezember haben meine Gastschwester und ich zusammen den Weihnachtsbaum aufgestellt und geschmückt. Der Baum wird hier entweder aus Dänemark importiert oder ist aus Plastik, da es nur sehr weit südlich echte Bäume in Grönland gibt. Hier werden die Bäume noch viel bunter und mit viel mehr Gold und Prunk geschmückt. Auch die Geschenke haben wir am Tag vor der großen Bescherung unter den Baum gelegt.

Am nächsten Morgen war er dann da: der 24 Dezember! Anders als in Deutschland war es hier ein Tag wie aus dem Bilderbuch, denn Schnee ist in Grönland nun wirklich keine Mangelware. Meine Gastfamilie kam zu uns zum gemeinsamen Frühstück. Dann gab es auch schon die ersten Geschenke, ein kleine "morgengave" (übersetzt: Morgengeschenk), doch die richtige Bescherung ist, wie auch in Deutschland, erst am Abend.

Den Rest des Tages haben wir einfach nur zusammen verbracht, geredet, gelacht, TV angesehen und Plätzchen gegessen oder kurzgesagt "hygge". Natürlich waren wir auch in der Kirche, jedoch habe ich relativ wenig verstanden, da es eine grönländische Kirche war und mein Wortschatz der Inuit-Sprache minimalistisch ist. Zum Abendessen gab es Enten- und Schweinebraten mit Rotkraut und Kartoffeln, ein typisches Festtagsessen, und als Dessert Ris a la mand. Diese Nachspeise besteht hauptsächlich aus Milchreis und Mandeln.

Was für mich neu war, um den Baum zu tanzen. Die Familie nimmt sich an den Händen, tanzt um den Baum und singt Lieder, dieses Jahr bei meiner Gastfamilie auf Grönländisch, Dänisch, Deutsch und Englisch.

Als meine jüngeren Schwestern dann langsam etwas ungeduldig wurden, fingen wir mit der Bescherung an. Danach haben wir noch viel geredet und ein paar kleine Spiele gespielt.

Eintrag 6: 29. November 2015 - Weihnachtszeit

Am Sonntag hat die schönste Zeit des Jahres endlich begonnen: die Weihnachtszeit! In Grönland ist der erste Advent etwas besonders. Man verbringt den Tag mit der Familie und man breitet sich auf die Weihnachtszeit vor. Das Haus wird mit vielen Lichtern und kleinen Figuren geschmückt, natürlich darf auch der orange Stern am Fenster nicht fehlen. Die Lichter in den Fenstern sollen die Dunkelheit vertreiben, die nun auch größtenteils am Tag herrscht. Deshalb hat fast jedes Haus Lichterketten an den Fenstern.

Meine Gastfamilie hat eine Art Tradition für den ersten Advent. Jedes Jahr gehen sie zusammen zum Altenheim, wo selbstgemachte Mützen, Ketten und andere Kleinigkeiten zusammen mit Plätzchen und Kaffee verkauft werden. Dannach geht es weiter zum großen Weihnachtsbaum der nahe des Einkaufszentrums aufgestellt wurde, dort hält der Bürgermeister jedes Jahr eine kleine Rede und um Punkt 16 Uhr werden zum ersten Mal die Lichter des Tannenbaums angeschaltet.

Auch dieses Jahr haben wir diese kleine Tradition bewahrt. Später am Abend haben wir noch zusamen typisch Dänisches Weihnachtsessen gegessen und zwei Spiele gespielt. Bei dem ersten Spiel bringt jeder ein kleines verpacktes Geschenk mit, welches in die Mitte des Tisches gelegt wird. Dann wird gewürfelt. Wer eine sechs würfelt, darf sich eines dieser Geschenke aussuchen, solange bis keines mehr übrigbleibt. Bei der nächsten Runde wird ein Wecker gestellt. Es wird weiter gewürfelt, nur dieses Mal werden die Geschenke von einem Mitspieler "gestohlen".

Das zweite Spiel, ist nicht unbedingt ein Spiel, es macht jedoch trotzdem wirklich Spaß. Am Vortag hat meine Gastmutter schon das dafür benötigte Gericht gekocht: "ris a la mande". Eine Art Milchreis mit Mandeln. Darin ist eine ganze Mandel versteckt. Diese gilt es zu finden. Der glücklich Finder wird am Ende ein kleines Geschenk dafür bekommen, jedoch nur, wenn er es geschafft hat die Mandel bis zum Ende zu verstecken.

Diese beiden Spielen kommen ursprünglich aus Dänemark, und wurde in der Zeit als Grönland eine Kolonie Dänemarks war in deren Kultur übernommen.

Eintrag 5: 9. Oktober 2015 - "Happy Birthday, du stinkst"

Immer wieder höre ich von Freunden Witze über die Kultur Grönlands. Da die größte Insel der Welt sehr isoliert von anderen Ländern ist und kaum etwas über sie berichtet wird, denken viele, dass sich die Kultur der Inuit, der Ureinwohner Grönlands, auf die Jagd und Fischerei beschränkt. Doch das Land der Menschen hat noch mehr zu bieten.

Natürlich ist Jagen und Fischen für viele, vor allem Inuit-Familien, immer noch sehr wichtig, doch heute ist das mehr ein Hobby und nicht mehr überlebenswichtig. Auch die Art des Jagens hat sich verändert. Niemand benutzt hier Speere oder andere traditonelle Waffen. Renntiere und Robben werden wie bei uns mit normalen Gewehren gejagt, nur das Angeln ist etwas anders. Kaum jemand besitzt hier teure Sportangeln, wie wir sie benutzen. Eine Art Spule mit einer Schnur, an welcher Angelhaken befestigt wird, reicht für die meisten aus. Mit der traditonellen Jagd und Fischerei hat das also nicht mehr viel zu tun.

Trotzdem gibt es noch alte Traditonen in Grönland. Die Nationaltracht beispielsweise hat auch heute noch einen großen Wert für die meisten Grönländer. Der schlichte, weiße Anorak wird von Männern getragen und sieht einem normalen Pulli sehr ähnlich. Frauen hingegen tragen ein sehr aufwendig verziertes buntes Gewand.

Es ist sehr teuer, da es zum einen nicht mehr viele Inuits gibt, die sie herstellen können. Zum anderen wird jede Tracht handgemacht und soll noch dazu zur Person passen. Muster und Farben sind also nicht zufällig gewählt, sondern sollen passend zum Träger sein. Die Kleidung wird zur Einschulung, Konfirmation, Abschluss, Hochzeit oder ähnlichen Anlässen getragen. Auch Geburtstage bringen hier den ein oder anderen Brauch mit sich. Am Tag vorms Geburtstag hört man oft von Familie oder Freunden diesen Satz: "Du stinker", also "du stinkst". Das hat einen Grund. Früher wurde sich angeblich nur ein Mal im Jahr gewaschen, und zwar am Geburtstag. Außerdem wird hier etwas anders gefeiert. Anstatt des engen Familienkreises kommen zwischen 40 und 60 Freunde, Familienmitglieder und Bekannte. In Deutschland bleibt man meistens mehrere Stunden zum Kaffeetrinken, in Grönland isst man schnell etwas Kuchen, unterhält sich etwas und dann geht's jedoch auch schon wieder weiter.

Bei der Kaffemik meiner kleinen Gastschwester vergangene Woche kammen etwa 50 Menschen und wir hatten 14 verschiedene Kuchen. Das sind nur wenige Beispiele für die Kultur Grönlands. Jedoch ist diese in jedem Teil sehr verschieden, ich kann also nur von meinen Erfahrungen in Mittelgrönland berichten.

Eintrag 4: 30. September 2015


Es ist grade einmal Mitte September und es schneit. Für mich war es zum einen eine sehr große Überraschung, als meine zehnjährige Gastschwester freudestrahlend durchs Haus lief und schrie "det sner", jedoch auch ein wenig beängstigend. Für mich hat der Winter nun also offeziell begonnen. Außerdem sind die Tage kürzer, es wird früher Nacht und auch am Morgen bleibt es länger dunkel. Es ist seltsam zu wissen, dass in wenigen Wochen fast nur noch Nacht ist. Die wenigen Stunden, in denen es im Winter in Grönland hell ist, werde ich meistens in der Schule verbringen.

Auch das Meer hat sich verändert. Vor einer Wochen waren nur vereinzelt Eisberge zu sehen, doch jetzt ist es voll von ihnen. Einige sind sogar direkt am Hafen, was es den kleinen Sportbooten manchmal etwas schwer macht.

Doch all das bringt auch seine guten Seite mit sich, die Nordlichter. Erst vor drei Wochen habe ich zum ersten Mal dieses wunderschöne Naturschauspiel gesehen. An manchen Tagen sind sie sehr stark und dadurch sehr gut zusehen, doch genau so oft sind sie von Wolken verdeckt und nur ganz leicht erkennbar.


Es gibt viele alte Sagen über Nordlichter. Hier in Grönland erzählt man sich von den verstorbenen Vorfahren, deren Seelen am Nachthimmel zu sehen sind. Doch Vorsicht! Obwohl diese Vorstellung sehr schön klingt, haben viele Kinder Angst vor ihnen. Denn man erzählt ihnen, wenn sie nachts pfeifen, würden die Nordlichter kommen, um die Kinder mit sich zu reißen. Doch für mich sind sie einfach nur faszinierend, und immer wieder ein Grund, nachts spazieren zu gehen

Eintrag 3: 6. September 2015 - Hygge

Vier Wochen lebe ich nun in der Hauptstadt Grönlands, und natürlich habe ich in dieser Zeit auch schon viel erlebt. Doch nicht wie ein Tourist, der nur Sehenswürigkeiten oder das örtliche Museum besucht, sondern wie ein Kind, das jeden Tag neues ausprobiert und vieles zum ersten Mal erlebt. Dabei ist es egal, ob es sich um typisch grönländisches Essen, wie beispielsweise Mattak (rohe Wahlhaut), oder um die wünderschöne Landschaft handelt.

Für mich ist alles neu und fremd - auch die Menschen. Im Vergleich zu Grönländern sind die Deutschen etwas steif. Am meisten fällt dies während der Schule auf. Für mich war es die ersten Tagen etwas befremdlich die Lehrer mit deren Vornamen anzusprechen, doch jetzt nach fast einem Monat in Nuuk, finde ich diese fast freundschaftliche Beziehung zu Lehrern sehr schön, dadurch wird der Schultag lockerer und das Lernen macht mehr Spaß.

Nach der Schule gehe ich meistens mit Freunden spazieren, oder wir machen uns einfach einen gemütlichen Nachmittag bei schlechtem Wetter. Da es hier schon Herbst ist und der Winter vor der Tür steht, ist es oft einfach schöner mit einer Tasse Tee oder Kaffee gemütlich einem Sessel zu sitzen und "nur" zu reden. Im dänischen gibt es ein Wort, welches das ziemlich gut beschreibt: Hygge. In online Wörterbüchern wird Hygge oft mit Gemütlichkeit überstetzt, doch eigentlich gibt es kein deutsches Wort, welches Hygge komplett beschreibt. Um ehrlich zu sein bin ich auch noch dabei herauszufinden was es wirklich bedeutet, doch die beste Beschreibung ist wohl, das Gefühl von Geborgenheit, Freude und eine gute Zeit zu haben.

Erst vor einigen Tagen hatte ich einen hyggigen Nachmittag mit zwei meiner Freunden. Mit "Hygge" meinen die Dänen, einfach das Leben zu genießen. Spontan beschlossen wir einen kleine Spaziergang zu machen, in Grönland ist das jedoch meistens mit wandern gleich zusetzten. Unser Ziel war ein wunderschöner Platz nahe am Meer, der schon Anfang September voller Eisberge ist. Dort angekommen redeten wir einfach etwas und genossen die "warmen" zehn Grad. Es wird wohl noch etwas dauern bis ich mich an diese Auffassung von wärme gewöhne, doch bis dahin habe ich warme Jacken, Schuhe, Schals und Mützen.

Eintrag 2: 15. August 2015

Nach ingesamt sechs Stunden Flugzeit und acht Stunden Aufenthalt am Flughafen von Kangerlussaq, eine Stadt in Grönland, kam ich endlich in Nuuk an. An dem sehr kleinen Flughafen erwarteten mich schon meine Gastmutter, Großmutter und Schwester mit der grönländischen Flagge. Da es schon sehr spät war und ich mit der Zeitverschiebung zu kämpfen hatte, aßen wir nur noch zusammen und ich ging schlafen.

Am nächsten Morgen hatte ich auch schon meinen ersten Schultag am GU Nuuk, einem Gymnasium. An meiner Schule haben wir nur Doppelstunden, doch nach 50 Minuten haben wir immer zehn Minuten Pause. Ein weiterer Unterschied zu deutschen Schulen ist, dass man die Lehrer dutzt, im allgemeinen ist hier die Beziehung zwischen den Lehrern und Schülern sehr viel freundlicher.

Mein erster Eindruck ist also sehr gut, denn auch meine Mitschüler sind sehr nett und helfen mir, indem sie beispielsweise Arbeitsaufträge und Texte für mich übersetzen.
Nuuk ist, obwohl es die Hauptstadt und mit seinen 16.000 Einwohnern die größte Stadt Grönlands ist, sehr ruhig und friedlich. Nuuk ist außerdem eine sehr europäische Stadt, die meisten Einwohner hier sprechen Dänisch, jedoch lernen die meisten Kinder und Jugendlichen Grönländisch in der Schule. Meine Familie spricht sowohl Dänisch als auch Grönländisch, also werde ich in den nächsten elf Monaten hoffentlich beide Sprachen lernen.

Das größte Erlebnis in den vergangenen vier Tagen war eine sogenannte Kaffemik. In Grönland werden einige Ereignisse wie beispielsweise auf diese Art gefeiert. Eine Kaffemik könnte man mit einem Kaffeeklatsch vergleichen. Erst gibt es grönländische Snacks wie Walhaut, getrockneten Fisch oder Rentierfleisch. Dann gibt es verschiedene Kuchen. Doch anders als in Deutschland bleibt man nie länger als eine Stunde, es gehen und kommen also immer neue Gäste.

Insgesamt sind meine ersten Tagen hier in Nuuk sehr schön, auch wenn es nicht einfach ist nicht zu verstehen was im Unterricht oder zu Hause gesprochen wird.

Eintrag 1: 1. August 2015

Oft bekomme ich ein und dieselbe Frage gestellt, nachdem ich erzählt habe, wo ich mein Auslandsschuljahr verbringen werde: "Was machst du denn da?" Diese Frage bezieht sich meist auf die arktischen Temperaturen, welche in Grönland vorwiegend herrschen. Doch anders als sehr viele erwarten, besteht das Land der Menschen, wie Grönland von den Einwohnern genannt wird, nicht nur aus Eis.

Nuuk liegt noch dazu im südwestlichen Teil, deshalb kann es im Sommer bis zu 25 Grad warm werden. Natürlich ist das Klima trotzdem nicht mit dem deutschen vergleichbar, da die langen und dunklen Winter von Temperaturen getrübt werden, welche weit unter minus zehn Grad liegen.

Doch eben diese Kälte fasziniert mich. Wer schon einmal Bilder von Ilulissat und seinem wunderschönem Eisfjord gesehen hat, kann dies sicher verstehen. Dadurch kommt jedoch auch eine uns Deutschen fremde Lebensweise zustande, die ich hoffentlich durch meine Gastfamilie und das Gymnasium, welches ich in Nuuk besuchen werde, kennenlernen darf.

Ermöglicht wird ein solches Auslandsschuljahr von Organisationen wie AFS oder YFU, welche für die Programmteilnehmer vieles organisieren, Gastfamilien suchen und uns auf das jeweilige Gastland durch drei Vorbereitungen einstimmen.

Ich werde nun weiter meinen Koffer packen, da diese Abenteuer für mich in weniger als sieben Tagen beginnen wird.

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Lisa (links) auf einem Fest in Århus.

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Lisa Menacher zusammen mit ihrer Gastschwester Aia bei Tivoli.

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Impressionen von den Arctic Winter Games.

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Impressionen von den Arctic Winter Games.

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Impressionen von den Arctic Winter Games.

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Impressionen von den Arctic Winter Games.

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Impressionen von den Arctic Winter Games.

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Impressionen von den Arctic Winter Games.

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Auf diesem Bild ist Ringaput zu sehen. Das ist einer der drei Stadtteile von Nuuk.

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Nuuk ist die Hauptstadt Grönlands und Lisas Zuhause auf Zeit.

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Hier ist Qooqqut zu sehen.

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Ein Eisberg nahe Nuuk

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Auf dem Bild ist ein Wal zu sehen. Aufgenommen nahe Qooqqut.

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Grillen auf dem Berg Lille Marlene. Das bedeutet kleine Marlene.

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Lisa Menacher lebt ab August 2015 elf Monate in Grönland.

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Die traditionelle Tracht in Grönland ist handgemacht und sehr teuer.

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Lisa Menacher (rechts) mit einer Freundin beim Arsfest.

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Das Gruppenfoto von Lisas Arsfest.