Auch für Obdachlose und Flüchtlinge

Ab 1. Juni kommt "das Konto für Jedermann"


Ein Bankkunde hebt mit seiner Girokarte Bargeld von einem Geldautomaten ab. Spätestens ab Mitte 2016 soll in Deutschland jeder das Recht auf ein Bankkonto haben - auch Obdachlose und Flüchtlinge.

Ein Bankkunde hebt mit seiner Girokarte Bargeld von einem Geldautomaten ab. Spätestens ab Mitte 2016 soll in Deutschland jeder das Recht auf ein Bankkonto haben - auch Obdachlose und Flüchtlinge.

Ein Leben ohne eigenes Konto? Für viele Verbraucher nicht vorstellbar, für manche aber bittere Realität. Damit wird nun Schluss sein: Ab 1. Juni soll ein Gesetz in Kraft treten, das jedem ein Konto garantiert, unabhängig von der Bonität des Kunden. Dieses "Konto für jedermann" gilt dann auch für Obdachlose und Asylsuchende.

Bereits seit 1995 gibt es für die Einrichtung so genannter Jedermann-Konten eine freiwillige Verpflichtung der Banken. Ab 1. Juni soll daraus nun eine gesetzliche Pflicht werden. Alle Banken müssen dann ein Basiskonto anbieten. Kreditinstitute, die sich weigern, ein solches Konto zu eröffnen, können mit Bußgeldern belegt werden. Grundlage für dieses Konto ist eine EU-Richtlinie, die bis 2016 in nationales Recht umgesetzt werden soll.

Bei dem Basiskonto handelt es sich um ein ganz normales Konto mit allen Funktionen. Der Kunde erhält dafür eine Bankkarte und kann auch am Online-Banking teilnehmen. Nur einen Unterschied gibt es: Das Basiskonto kann nicht überzogen werden. Wer ein solches Konto eröffnen will, muss sich ausweisen können. Ausländer sollten zumindest Englisch sprechen oder einen Dolmetscher mitbringen, so lautet die übereinstimmende Auskunft bei verschiedenen Straubinger Banken.

Heutzutage unabdingbar

Wie wichtig ein eigenes Konto für jeden Bürger ist, betont Birgit Wagner von der Schuldnerberatung der Caritas. Der Zugang zu bargeldlosem Zahlungsverkehr sei heutzutage unabdingbar, sagt sie und zählt einige Beispiele auf: Lohnauszahlung, Daueraufträge für Miete, Versicherungen, Strom und Gas oder der günstige Einkauf im Internet. Wer ein Konto hat, kann das alles nutzen, wer aber keines hat, hat einen schweren Stand in der Gesellschaft.

Dass jetzt der Anspruch auf ein Konto gesetzlich zugesichert wird, befürwortet Birgit Wagner deshalb uneingeschränkt. Sie nennt ein Beispiel: Es gebe noch Fälle, in denen etwa das Kindergeld oder Hartz IV als Barscheck ausgezahlt werden. "Dann werden aber Bearbeitungsgebühren fällig." Quasi eine Strafgebühr, weil man kein Konto hat.

Verglichen mit der Zeit vor zehn Jahren gebe es mittlerweile in der täglichen Arbeit der Schuldnerberatung zwar deutlich weniger Personen ohne eigenes Konto, sagt Birgit Wagner - aber es gibt sie immer noch. Warum sie von Banken abgelehnt werden, kann unterschiedliche Ursachen haben. So könne eine negative Schufa-Auskunft eine Rolle spielen oder einfach die Tatsache, dass sich Banken von diesen Menschen keinen Profit versprechen.

Caritas bietet Hilfe an

Manche Menschen würden auch wegen einer Lohnpfändung ihr Konto verlieren. Die Situation habe sich allerdings deutlich gebessert, seit 2010 das Pfändungsschutz-Konto eingeführt worden ist, sagt Birgit Wagner. Dabei handelt es sich um ein Girokonto, das dem normalen Zahlungsverkehr dient, bei Kontopfändungen jedoch einen unbürokratischen Schutz vor dem Zugriff der Gläubiger für Guthaben in Höhe von 1 073,88 Euro je Kalendermonat (Grundfreibetrag) bietet. Mit dem nun kommenden Rechtsanspruch auf ein Konto mache der Gesetzgeber einen weiteren wichtigen Schritt, betont Birgit Wagner.

Derzeit ist für den betroffenen Personenkreis oft noch Klinkenputzen bei Banken angesagt: Sie stellen viele Anträge bei verschiedenen Banken - und nicht immer haben sie Erfolg. Die Schuldnerberaterin rät Betroffenen, Anträge schriftlich zu formulieren und auch auf eine schriftliche Begründung der Bank zu bestehen, wenn ein Antrag abgelehnt wird. Die Caritas bietet hier Unterstützung an. Das zum 1. Juni in Kraft tretende Gesetz werde das Verfahren vereinfachen, sagt Birgit Wagner, "doch was es in der Praxis bringt, müssen wir sehen".