Anschlag vor 35 Jahren

Fünf Finger, kein Opfer - Neue Fragen bei Oktoberfest-Attentat


Das blutige Oktoberfestattentat von 1980 soll endlich vollständig aufgeklärt werden.

Das blutige Oktoberfestattentat von 1980 soll endlich vollständig aufgeklärt werden.

Von Manfred Fischer / Onlineredaktion

Fünf Finger - von vielleicht zwei Händen. Der blutige Anschlag vor 35 Jahren am Haupteingang des Oktoberfests, seine Hintergründe und die Pannen bei den Ermittlungen geben immer noch Rätsel auf.

Makaber genug: Das Fragment einer Hand wird nach dem Anschlag auf das Oktoberfest 1980 nahe des Explosionsortes entdeckt. Es wird in der Rechtsmedizin untersucht - und verschwindet dann spurlos. Jetzt gibt es eine neue Vermutung: Es könnten zwei Handfragmente gewesen sein: Eins mit vier Fingern und eins mit einem. Der Journalist Ulrich Chaussy berichtet darüber in der zweiten Auflage seiner Dokumentation "Attentäter - Einzeltäter? Neues zum Oktoberfestattentat" am Dienstagabend im Bayerischen Fernsehen. Bei der Bundesanwaltschaft war dazu am Montag keine Stellungnahme zu erhalten.

Die Bundesanwaltschaft hatte im vergangenen Dezember die Ermittlungen zu dem schwersten Anschlag in der bundesdeutschen Geschichte neu gestartet. Der rechtsextreme Hintergrund ist bis heute ungeklärt. Es gab Ermittlungspannen, Zeugen wurden nicht ausreichend gehört, Asservate vernichtet.

Gut erhaltene Hand oder verschmauchter Leichenfinger?

Die Ermittler hatten das Handfragment stets dem Attentäter und früheren Anhänger der rechtsextremistischen "Wehrsportgruppe Hoffmann", Gundolf Köhler, zugeordnet. 1,39 Kilo TNT hatten Köhler die Arme bis oberhalb der Ellbogen weggerissen. Opfervertreter glauben, dass die Hand einem bis heute unbekannten Komplizen gehörte.

Die neue Aussage dazu stammt von einem Polizeibeamten. Dieser habe nach dem Anschlag mit 13 Toten und mehr als 200 Verletzten die von einem Kollegen gefundene Hand gesichert, sagte Chaussy vor der Sendung. Der Beamte habe den Fundort mit Kreide markiert und die Hand zur provisorischen Einsatzzentrale in einem Feuerwehrauto gebracht. Er habe gedacht, die Hand könnte womöglich dem Opfer noch angenäht werden, so gut sei sie erhalten gewesen. In den Akten sei hingegen die Rede von einem verschmauchten Leichenfinger. Laut Akten brachte der Beamte diesen auch nicht zur Einsatzzentrale, sondern zu den Kollegen im nächsten Umfeld des Tatorts, wo die Spurensicherung lief.

Das Münchner Bermudadreieck

"Mit anderen Worten: Es sind zwei Handfragmente gefunden worden", folgert Chaussy; der seit 1980 zu dem Attentat recherchiert und neben Opferanwalt Werner Dietrich wesentlich zur Wiederaufnahme der Ermittlungen beigetragen hat: "Sie haben nur eine Gemeinsamkeit: Sie sind beide verschwunden."

Zum Jahreswechsel will die Bundesanwaltschaft eine Zwischenbilanz ziehen. Chaussy sieht die Ermittlungen gerade durch das LKA kritisch - wegen der vielen Pannen damals. Auf dem Weg zwischen Rechtsmedizin und LKA verschwand etwa die Hand. "Das Bermudadreieck befand sich in München", sagt Chaussy. "Ich hätte es besser gefunden, wenn eine andere Dienststelle, die unabhängig ist, diesen Fall untersucht."