Hilfe bei Sorgen und Nöten

Ein Hoffnungsfunke: Jugendliche beraten Jugendliche bei Streit, Mobbing und mehr


Samstag, 14 Uhr, ein kleines Büro irgendwo in Regensburg. Das Telefon klingelt ununterbrochen. Kaum ist ein Gespräch beendet, ist schon der nächste Anrufer in der Leitung. Am Ende dieser Leitung sitzen heute Sven, Katarina und Selin. Die drei Jugendlichen sind Teil der "Hoffnungsfunken" - ein Projekt des Regensburger Kinderschutzbundes, bei dem Kinder und Jugendliche am Telefon kostenlos, schnell und anonym Hilfe und Beratung bei Gleichaltrigen finden.

116111 - wer diese Nummer wählt, hat oft schon einen langen Weg voller Sorgen und Probleme hinter sich. "Manchmal herrscht erst einmal nur Stille in der Leitung. Oder man hört ein leises Schluchzen", erzählt Sven Prem. Der 20-Jährige ist einer der erfahrensten "Hoffnungsfunken" und schon seit zwei Jahren als ehrenamtlicher Berater am Sorgentelefon tätig. Bei diesen Anrufen ist bei den "Hoffnungsfunken", die selbst alle zwischen 16 und 21 Jahre alt sind, vor allem Geduld gefragt. Denn Zeitdruck gibt es bei der Berater-Hotline nicht.

"Es gehört für viele erst einmal eine Menge Mut dazu, sich mit seinen Problemen an andere zu wenden, auch wenn alles anonym abläuft und man nicht mal seinen Namen nennen muss, wenn man nicht will", weiß Sven. Bei den "Hoffnungsfunken" wird alles absolut vertraulich behandelt, versichert er.

Immer samstags von 14 bis 20 Uhr sitzen die jugendlichen Berater in zwei Schichten von je drei Stunden am Telefon. Die Sorgen und Nöte, die die jungen Anrufer bewegen, sind dabei ganz unterschiedlich: Liebeskummer, Mobbing, Streit mit der besten Freundin, aber auch häusliche Gewalt und Missbrauch sind dabei. Und jedes Gespräch erfordert eine ganz individuelle Reaktion der "Hoffnungsfunken". Wie man mit den einzelnen Situationen richtig umgeht, müssen die Berater natürlich erst lernen.

Anspruchsvolle Ausbildung

Katarina Gebert und Selin Akar sind neu im Team und haben zusammen mit acht weiteren Jugendlichen seit Oktober letzten Jahres das anspruchsvolle Ausbildungsprogramm der "Hoffnungsfunken" durchlaufen. "Wir treffen uns seit Beginn einmal wöchentlich für zweieinhalb Stunden mit einer Sozialpädagogin, die uns Schritt für Schritt den Weg zur guten Telefonberatung beigebracht hat", erzählen die Schülerinnen.

Jetzt wissen sie, wie man richtig und gut zuhört, wann man welche Fragen stellt und wie man auch ohne Worte über das Telefon mit jemandem kommunizieren kann. Das geht zum Beispiel mit Hilfe von Klopfen. "Einmal klopfen heißt ja, zweimal nein", erklären die zwei 16-Jährigen. Und Sven erinnert sich daran, dass diese Klopf-Methode der Beginn eines seiner intensivsten Beratungsgespräche war, das schließlich über zwei Stunden gedauert hat. "Das Mädchen am Telefon wurde von ihrem Vater schon längere Zeit sexuell missbraucht, die Mutter hatte die Familie verlassen und Freundinnen zum Reden gab es auch keine", erinnert sich Sven. "Und als ob das alles noch nicht reicht, hat sie sich auch noch einen Freund gesucht, der sie schlug, wenn ihm irgendwas nicht passte", erzählt er.

Sexueller Missbrauch

Gerade bei solch extrem schwierigen Gesprächen ist eine gute Vorbereitung der jugendlichen Berater ausschlaggebend. "Viele unserer Anrufer sind sich zum Beispiel gar nicht bewusst, dass Vater oder Mutter nicht das Recht haben, sie sexuell zu belästigen. Hier muss man manchmal auch den Tipp geben, sich unbedingt an das Jugendamt zu wenden, weil das eigene Zuhause kein guter Ort mehr ist", sagt Sven.

Nach diesem Gespräch war der 20-Jährige selbst auch lange betroffen und hat viel über die Anruferin nachgedacht. Deshalb gibt es für die "Hoffnungsfunken" auch nach ihrer Ausbildung regelmäßig Supervisionen und Fortbildungen, durch die sie lernen, das Gehörte besser zu verarbeiten.

"Lass es hier!"

Die wichtigste Regel haben auch Katarina und Selin schon verinnerlicht: "Lass es hier!" ist einer der Leitsätze der "Hoffnungsfunken". Die Probleme der Anrufer sollen die jungen Leute nicht zu ihren eigenen machen.

Nach ihrer theoretischen Ausbildung dürfen die zwei Schülerinnen nun den alten Hasen bei der Telefonberatung erst ein paar Mal zuhören. Die Sozialpädagogen, die das Projekt begleiten, entscheiden dann, wann sie selber zum Hörer greifen dürfen. "Ich bin schon total aufgeregt und freu mich richtig darauf", erzählt Selin. Für die 16-Jährige ist ehrenamtliches Engagement sehr wichtig und sie möchte später etwas im sozialen Bereich machen.

Für die drei "Hoffnungsfunken" ist ihr Einsatz deshalb auch persönlich eine absolute Bereicherung. "Man lernt, besser mit Menschen umzugehen und schon der Gedanke, jemandem helfen zu können und ein bisschen von seinen Sorgen zu nehmen, macht glücklich", betonen sie übereinstimmend.

Weitere Infos zum Projekt Hoffnungsfunken

  • Die "Hoffnungsfunken" sind Teil des deutschlandweiten Netzwerkes von "Nummer gegen Kummer e. V.", das ein kostenloses und anonymes Telefonangebot für Kinder und Jugendliche bietet.
  • Die jugendlichen Berater sind selbst zwischen 16 und 21 Jahre alt und immer samstags von 14 bis 20 Uhr unter der Telefonnummer 116111 erreichbar.
  • Regensburg ist einer von insgesamt 16 Beratungsstandorten in Deutschland.
  • Momentan gibt es 19 Regensburger "Hoffnungsfunken"
  • Im Jahr 2014 führten die "Hoffnungsfunken" über 1 000 Gespräche, aus denen sich knapp 300 intensive Beratungen entwickelten.
  • Partnerschaft und Liebe waren der häufigste Grund (28 Prozent) für einen Anruf bei den "Hoffnungsfunken". Nimmt man das Thema Sexualität mit dazu, betraf es rund 53 Prozent aller Gespräche.
  • Weitere wichtige Themen: "Psychosoziale Probleme und Gesundheit" (25 Prozent), "Probleme in der Familie" (17 Prozent) und "Freundeskreis und Peergruppe" (17 Prozent). Auch Gewalt und sexueller Missbrauch sind immer wieder Thema (8 Prozent)
  • Egal wie groß oder klein das Problem erscheinen mag: Die "Hoffnungsfunken" sind für euch da und nehmen euch ernst.
  • Weitere Infos gibt es unter www.hoffnungsfunken.kinderschutzbund-regensburg.de und unter www.facebook.com/diefunken.

(Quelle: Deutscher Kinderschutzbund, Kreisverband Regensburg/Oberpfalz e. V.)