Berufsporträt

So werde ich Tontechniker


Willy Löster in seinem Studio. Fürs Mischen braucht er einen Computer mit Spezialsoftware.

Willy Löster in seinem Studio. Fürs Mischen braucht er einen Computer mit Spezialsoftware.

Von Redaktion idowa

Wer eine CD von La Brass Banda, Moop Mama, Django 3000 oder dem Keller Steff einlegt, der hört neben den Musikern auch die Arbeit von Willy Löster. Auch auf manchen Konzerten ginge ohne ihn nichts. Willy Löster ist zuständig für den guten Ton.

Er ist 31, Toningenieur und hat seit eineinhalb Jahren ein eigenes Studio in München, in einem Keller in einer Wohngegend. Es ist ein kleiner Raum, mit vielen Dämmplatten an der Wand und an der Decke, versteckt hinter Holzlamellen. Sie machen den Raum ideal zum Hören, weil der Schall nicht reflektiert wird. Hier arbeitet Willy Löster, momentan bis zu sechs Tage die Woche, zehn bis zwölf Stunden am Tag. Das hört sich viel an, ist auch viel, aber Willy ist froh drum, dass es so gut läuft. Er kann frei entscheiden, wann er anfängt, wann er aufhört, wann er sich hinsetzt und die Stücke mischt. Denn das macht er am liebsten - in seinem Studio Musik bearbeiten.

Digitalisierung am PC
Ein Computer steht mitten im Studio, darauf ist die Misch-Software. Willy Löster sitzt davor, ihm gegenüber stehen die Boxen, daraus kommt die Musik. Wer zu einem Toningenieur kommt, will dass seine Aufnahmen verbessert werden, dass sie nach "mehr" klingen. Bis in die 1980er Jahre hinein gab es fast nur analoge Aufnahmemöglichkeiten, also ohne Computer. Das klang anders, "irgendwie dreckiger", sagt Willy Löster, der sich mit 17 Jahren sein erstes Mischpult gekauft hat. Wenn Musik jetzt aufgenommen wird, dann meistens nur noch digital. Und digital ist fehlerfrei, neutral, völlig rein, ohne Rauschen. So hört sich dann auch die Musik an - für Klassikaufnahmen ist das toll, für Pop, Jazz und Rock aber nicht. "Musik muss manchmal dreckiger sein, kraftvoller, energetischer - darum kümmere ich mich", sagt Willy Löster. Er weiß gar nicht genau, was es ist, dass manche Arten von Musik so speziell macht. Wenn er aber vor dem PC sitzt und arbeitet, fügt sich alles zusammen. Willy Löster meint, dass sich durch die Aufnahmen der 1950er bis 1980er Jahre mit Klassikern wie den Beatles, Elvis, Michael Jackson und Madonna das Hören vieler Menschen an die analoge Aufnahmeform gewöhnt hat und es bei neueren Aufnahmen auch erwartet. Aber er denkt auch, dass es etwas mit dem Hören selber zu tun hat, dass das Ohr ein Wandler ist. Ganz reinen Klang will es vielleicht manchmal also gar nicht haben, das menschliche Gehör.

Mit seiner Software mischt Willy Löster die einzelnen Spuren: Die Musiker bringen ihm die Aufnahmen meistens auf einer Festplatte vorbei. Darauf sind einzeln aufgenommen, je nach Band: Gesang, Schlagzeug, Gitarre, Bass, Klavier, manchmal - wenn die Band es will - auch Besteckklappern. Diese einzelnen Aufnahmen bringt Willy Löster zusammen, fügt Hall hinzu, macht den Klang dunkler, heller, die einzelnen Stimmen lauter, das Schlagzeug leiser - je nachdem, wie es klingen soll. Bei einer 70er-Jahre-Funk-Band darf es sich anders anhören als beim Keller Steff oder bei einer Jazz-Sängerin mit Sommer-Feeling. Wenn er mit dem Mischen fertig ist, bespricht er sich mit der Band, ob seine Version des Songs passt; wenn die Musiker zufrieden sind, rechnet der Computer alles zusammen - das Stück ist fertig.

Erfahrung ist wichtig

Früher waren Studios exklusive Orte, das Equipment war extrem teuer. Heute kann jeder bei sich zu Hause aufnehmen, "im Prinzip könnte jeder bei sich daheim seine eigene Platte machen", sagt Willy Löster. Doch Musiker haben ihre eigenen Songs schon zig-fach gehört, sind befangen, gehen nicht mit "frischen Ohren" an ihre Arbeit. Deshalb braucht es Toningenieure wie Willy Löster mit jahrelanger Erfahrung. Sie wissen, wie sich etwas anhören sollte, weil sie ständig tüfteln. Manchmal geht Willy Löster erst um vier Uhr morgens vom Studio nach Hause; ein Stück ist eigentlich nie fertig. "Ich brauche dann Abgabefristen. Wenn das Label sagt, bis dahin brauchen wir die Aufnahmen. Das hilft. Sonst würde es ständig weitergehen mit der Arbeit an den Stücken."

Willy Löster ist selbst Musiker, spielt Gitarre. Das ist ein großer Vorteil, wenn man Toningenieur werden will, weil man als Musiker weiß, was andere Musiker wollen, welche Probleme sie haben, wo es Schwierigkeiten geben könnte bei Aufnahmen und beim Mischen.

Er hat in Düsseldorf Ton- und Bildtechnik studiert, Dort studiert man zur Hälfte an der Musikhochschule für die künstlerischen und an der Fachhochschule für die technischen Fächer. Neben diesem Ausbildungsweg gibt es noch den Mediengestalter Ton- und Bild, beim Rundfunk und bei größeren Veranstaltungsfirmen sind immer wieder Ausbildungsstellen frei. Eine Reihe privater Schulen bietet ebenfalls Lehrgänge zur Tontechnik und zu Medienberufen an. Diese Ausbildungen vermitteln alle nötigen Grundlagen, nach dem Abschluss muss man sich jedoch unter den vielen anderen Abgängern erst mal auf dem Arbeitsmarkt beweisen, sagt Willy Löster.

Erstaunlich viele gute Leute haben ihrer Karriere ohne weitere Ausbildung in einem Studio mit einem Praktikum begonnen - und sich dann nach oben gearbeitet. "Das gibt es aber immer seltener, weil es eben nur noch sehr wenige große Tonstudios gibt, die Praktikanten aufnehmen." Neben dem Mischen im Studio nimmt Willy Löster auch manchmal selbst die Musiker auf, er packt dann seine mobilen Aufnahmegeräte ins Auto und fährt zum Beispiel in einen alten Schlachthof, wo eine CD eingespielt wird. Zusätzlich kümmert er sich auf Konzerten darum, dass der Sound passt und steht live hinter dem Mischpult.
Wenn man ihn fragt, was ihn an Musik so fasziniert, sagt er: "Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Dass Musik einen unglaublichen Zauber hat, steht außer Frage, sie weckt Emotionen, berührt einen ganz unmittelbar und ist so vielseitig und wandelbar, dass sie immer spannend bleibt."

Sicher ist für Willy Löster, dass ihn Musik schon von klein auf gefesselt hat - und das ist bis heute so geblieben. "Wenn ich an einem interessanten Projekt dran bin, merke ich im besten Fall gar nicht, dass ich eigentlich arbeite."
Von Claudia Hagn

Hier war der Toningenieur direkt bei den Aufnahmen vor Ort.

Hier war der Toningenieur direkt bei den Aufnahmen vor Ort.